Weinert / Weber / Voltz / Lefebvre – Nachtwind (Releasedate: 01.03.2024)

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Weinert / Weber / Voltz / Lefebvre – Nachtwind (Releasedate: 01.03.2024)

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„Ihr fragt nach dem Geheimnis des Todes. Wie könntet ihr es jemals begreifen, wenn ihr es nicht im Herzen des Lebens sucht?…Denn eins sind Leben und Tod, so wie der Fluss und das Meer eins sind.“ Aus: Khalil Gibran – Der Prophet (1923) –Vom Tod

 Als die Gitarristin & Komponistin Susan Weinert am 02.03.2020 stirbt, hinterlässt sie Spuren von Musik in Form unveröffentlichter Werke. Ihr Ehemann und jahrzehntelang musikalischer Weggefährte, Martin Weinert, spürt in dieser Musik eine direkte Verbindung zu seiner Frau und präsentiert mit NACHTWIND Kompositionen, welche von ihr größtenteils noch in den Wochen vor ihrem Tod geschrieben wurden. „Susan begann schon in den 80er-Jahren zu komponieren, und gemeinsam sind wir mit der Zeit immer tiefer in den sich aus ihren Ideen entwickelnden Klangkosmos hineingewachsen,“ sagt Martin Weinert. „In ihren Klängen finde ich meine musikalische Heimat, fühle mich geborgen und eine harmonische Verbindung unserer Seelen. Wenn ich ihre Musik spiele, spüre ich meine Frau besonders nahe bei mir.“

Martin sieht sich als Teil eines Künstlerkollektives, das sich mit Leidenschaft und Herzblut in höchst kreativer Weise sowohl mit dem künstlerischen Nachlass von Susan Weinert als auch mit ihr als Mensch auseinandersetzt. Es geht darum, einerseits ihre Musik in ganz eigener Klangsprache wiederzugeben, andererseits ihre außergewöhnliche Persönlichkeit erfahrbar zu machen. Susan war mit großer Leidenschaft Künstlerin. Kunst begleitete sie von Kindesbeinen an. Sie musizierte und malte viel, liebte die unendlichen Ausdrucksmöglichkeiten der Malerei, die Wirkung der Farben und die Traumreisen, auf die sie sich beim Hören und Spielen von Musik begeben konnte. Schon in Kindertagen wurden ihr Talent zum Musizieren und Malen erkannt. In allen kreativen Handwerksdisziplinen zur Umsetzung künstlerischer Ideen fühlte sich Susan Weinert zuhause. So wurde sie auch von der Poesie beflügelt und ermöglichten es ihr, sich gedanklich in die Lüfte zu erheben und vom Wind forttragen zu lassen. Deshalb liebte sie es, wenn ihr vorgelesen wurde. (Friedrich Hölderlin, Charles Baudelaire, Thomas Mann, Antonio Tabucchi und Fernando Pessoa zählten zu ihren Lieblingen.)

Ihre musikalischen Talente nahmen in ihrem Leben den intensivsten Raum ein, der wenig Platz zur Weiterentwicklung ihrer anderen großartigen Talente ließ. Für Martin war es dennoch nach Susans Tod ein großes Bedürfnis, sich bei einer Veröffentlichung ihrer hinterlassenen Werke nicht auf ein reines Klangerlebnis zu beschränken, sondern ihre kreative Persönlichkeit allumfassend zu würdigen. In der bildenden Künstlerin Julia Johannsen fand er eine Malerin, die unverzüglich die Dimension und Wichtigkeit der Unternehmung erkannte und sich auf die innere Suche nach den geeigneten Konzepten der Umsetzung begab. Mit ihren spannenden Bildkompositionen visualisiert sie die Klänge und lässt damit das Unsichtbare sichtbar werden. Wenngleich die Bilder nach den Kompositionen entstanden, geben sie aufgrund ihrer Abstraktion dem Betrachter genügend Raum, sich eigene Geschichten dazu zu erspüren.

Martin: „An Julia schätze ich ihre Eigenständigkeit, ihre Energie, die Zielstrebigkeit bei der handwerklichen Umsetzung ihrer künstlerischen Ideen, ihre stets wachsame Beobachtungsgabe, ihr rasches Verständnis, ihre Offenheit für Neues und die stetige Weiterentwicklung ihrer künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten. Julia ist es gelungen, den Nachtwind sichtbar zu machen. Sie hat die Gabe, ganz tief in das Meer im Innern einzutauchen und sich dem Augenblick hinzugeben.“ Eine besondere Herausforderung für Martin Weinert stellte die alternative Bildgestaltung eines Portraits seiner Frau dar, aber ein Foto sei eine schmerzhafte Abbildung einer unwiederbringlichen Vergangenheit. „Ein postum entstandenes Gemälde schafft eine Verankerung im Jetzt, ermöglicht durch seine Transzendenz eine Verbindung hinüber zum anderen Ufer des dunklen Flusses, indem es das Unaussprechliche abbildet, das wir als das Mystische bezeichnen.“ erklärt er seine Gedanken und bezieht sich damit auf Ludwig Wittgenstein aus seinem 1918 erschienenen Werk “Tractatus logico-philosophicus”.

Die künstlerische Gestaltung des MediaBooks vertraute Martin einmal mehr Matthias Eckert von EYESPALAST in Weimar an, der alle auf Tough Tone Records erschienenen Susan Weinert Alben gestaltete. Die Digitalisierung der Gemälde von Julia Johannsen und der Fotos der Künstler übernahm der Fotograf Rich Serra, der auch bereits die Fotos zu „Beyond The Rainbow“ und „Der Baum vor meinem Fenster“ beigesteuert hatte.

 

 

Weinert Rainbow Experience

 Bei der musikalischen Umsetzung des NACHTWIND Projektes beschreitet Martin für sich völlig neue Wege. Die Rolle des melodieführenden Instrumentes besetzt er mit der französischen Violinistin Héloïse Lefebvre, einer herausragenden jungen Künstlerin, die zwischen den Hauptstädten Paris und Berlin pendelt und sowohl in Frankreich als auch in Deutschland aufmerksame und stetig wachsende Beachtung findet. In Sebastian Voltz am Piano hat er einen Musiker an der Seite, der bereits im Susan Weinert Rainbow Trio mitwirkte und auf den letzten beiden gemeinsamen Alben der Weinerts „Beyond The Rainbow“ und „Der Baum vor meinem Fenster“ zu hören ist. Der studierte klassische Konzertpianist bringt geschickt sowohl seine klassischen Wurzeln als auch seine Erfahrungen in der Neuen Musik in den Klang des Ensembles ein und verleiht ihm damit große Eigenständigkeit. Neu im Team ist der junge Schlagzeuger und Percussionist Daniel Weber, der den Begriff Percussion sehr weit fasst und neben dem Schlagzeug auch zahlreiche Gongs, Klangschalen, Glöckchen, Zimbeln sowie diverse Küchenutensilien einsetzt, was dem Bandsound eine schon kosmische Tiefe gibt.

„Ich fühle mich sehr wohl in dieser Besetzung. Die Begeisterung für die Musik meiner Frau, die Würdigung ihrer Persönlichkeit, der Respekt vor ihrem künstlerischen Werk bei meinen drei Mitmusikern, all das berührt mich jedes Mal aufs Neue. Jeder im Team bringt sich voll ein und gibt all seine Leidenschaft, Kreativität und künstlerische Kompetenz in das gemeinsame NACHTWIND-Projekt. Dass erfreut mein Herz und macht mich glücklich. Ich wollte den meiner Frau eigenen Klangkosmos in einem ganz neuen Gewand präsentieren, um die Kompositionen von einem anderen Standpunkt aus beleuchten zu können. Dazu bedarf es starker Musikerpersönlichkeiten mit viel Erfahrung und Feingefühl. In Héloïse, Sebastian und Daniel habe ich genau die richtigen Partner zur Umsetzung dieser künstlerischen Idee gefunden. “

 

 Zur Produktion: In einer mehrtägigen Arbeitsphase im wunderschönen Morillon in der Touraine („Der Garten Frankreichs“) wurden die Kompositionen einstudiert und wenige Wochen später im Studio La Buissonne in Pernes-les-Fontaines in der Provence aufgenommen. Das Team um Gérard de Haro mit Nicolas Baillard und Matteo Fontaine spürte sofort den besonderen Geist, der in der Produktion des NACHTWIND Albums steckt und scheute keine Mühe, mit aufwendiger Mikrofonierung den komplexen Klangapparat abzubilden. Die hervorragende Soundqualität von NACHTWIND verdankt sich dem unermüdlichen und leidenschaftlichen Einsatz der drei Soundingenieure. Martin Weinert erinnert sich: „Im Studio hatten wir unverzüglich eine ganz besondere Stimmung. Wir waren gut vorbereitet und eingespielt, was uns in die Lage versetzte, ganz offensiv zu musizieren und Risiken einzugehen. Viele Stücke haben wir bei den Aufnahmen völlig anders interpretiert als bei den Proben. Der Anteil an spontaner Improvisation ist sehr hoch. Jeder stellte seine individuellen Talente in den Dienst des Gesamtkontextes ohne sich dabei in den Vordergrund zu drängen, wodurch NACHTWIND ein wirkliches Bandalbum geworden ist und mich sehr glücklich macht. Mir war es wichtig, den Klang der ungespielten Noten abzubilden, Stille zuzulassen und uns im Kollektiv ganz dem jeweiligen Augenblick anzuvertrauen,“

 

Die Kompositionen: Die acht Kompositionen erzählen unterschiedliche Geschichten. Den ersten drei Stücken liegen Überlegungen zum Begriff der Zeit zugrunde. „Der Augenblick“ als Opener versteht das Leben als eine Aneinanderreihung von Augenblicken, die für sich allein stehen können und dennoch gleichzeitig die Ewigkeit sind, unter der Voraussetzung, dass wir darunter anstelle unendlicher Zeitdauer die Unzeitlichkeit verstehen. „Die Endlichkeit“ beleuchtet dazu im Gegensatz die Begrenztheit des irdischen Daseins. Susan schrieb diese Komposition am 5.11.2019, nachdem sie vom Tod von Jan-Erik Kongshaug erfahren hatte, dem genialen Tonmeister des Rainbow Studios in Oslo, den Susan sehr schätzte und zu dem sie eine ganz besondere Verbindung hatte. In diesem Stück verarbeitet sie ihre Trauer über den Tod dieses für sie sehr wichtigen Menschen und lässt die Ahnung ihres eigenen nahenden Todes einfließen.

Der Fluss“ ist eine Komposition von Susan aus der Mitte der 80er Jahre. Thematisch erinnert er an den Fluss des Lebens, der stetig fließt und niemals anhält, dass alles in Bewegung ist und wir nichts und niemanden festhalten können. „Bunte Lichter in der Dunkelheit“ entstand in der Adventszeit 2019. Die Fenster von Susans Studio gehen Richtung Garten, wo sie zur Weihnachtszeit stets alles mit bunten Lichtern schmückte, was eine ganz wohlige und heimelige Atmosphäre schuf, an welcher sich die Weinerts beim Musizieren erfreuten.

Früh morgens“ reflektiert all die Hoffnungen und Gefühle der Dankbarkeit für das Geschenk, welches der Tagesanbruch darstellt. „Sonnenwende“ ist Susans letzte Komposition. Sie entstand am Tag der Wintersonnenwende des Jahres 2019 am 22. Dezember. „November“ gibt seine Entstehungszeit ebenfalls bereits im Namen preis. Ein ruhiges und sehr melodisches Stück, welches der Violinistin Héloïse Lefebvre wie auf den Leib geschneidert zu sein scheint. Mit „Die Kraniche“ beschließt eine Komposition das Album, die Susan schon auf „Beyond The Rainbow“ aufgenommen hatte, erinnert melancholisch an eine Begegnung zwei Tage vor Susans Tod und wurde für Martin zu einer Metapher: An besagtem Tag Ende Februar 2019, zwei Tage vor ihrem Tod, kreisten Kraniche über ihrem Haus und Susan deutete das Kreisen der Vögel als Ruf, sich mit auf die Reise zu begeben: „Hörst Du Martin, sie rufen mich und wollen, dass ich mitfliege.“ (Susan war stets tief berührt von den melancholischen Rufen dieser Tiere und hatte großen Respekt vor deren Leistung, zweimal im Jahr auf diese lange, kräftezehrende und gefährliche Reise aufzubrechen.)Der Filmemacher und Autor Werner Herzog schrieb 1974 in seinen Tagebuchaufzeichnungen während seines Fußmarsches von München nach Paris, die später unter dem Titel „Vom Gehen im Eis“ sowohl als Buch als auch in Hörbuchform, von ihm selbst gelesen, erschienen: „Wie der Regenbogen sind die Kraniche für den, der geht, eine Metapher.“

 

Erweiterung der Ziele: Im Zuge der umfangreichen und zeitintensiven Arbeitsprozesse bei der Entwicklung der Umsetzung der künstlerischen Ideen erwuchs immer deutlicher der Wunsch, auch Videokunst in das Projekt einzubinden und auf diese Weise den ohnehin weit gesteckten Rahmen auszudehnen. So wuchs der Kreis der am NACHTWIND Projekt beteiligten Künstler um die Multimedia Künstlerin Klaudia Stoll, den Sandmaler Chris Kaiser, den Maler, Street Artist und Skulpturist David Kaps sowie die beiden Performance- und Tanzkünstlerinnen Sarah Gros und Bérengère Brulebois. Nach intensiver Auseinandersetzung mit den Kompositionen entstanden Kunstvideos zu den Aufnahmen, die als Official Videos veröffentlicht werden. Ein QR-Code im Booklet führt zu den Videos und Beiträgen zur jeweiligen Entstehungsgeschichte sowie Hintergrundinformationen.

Reflexion der Produktion: Das NACHTWIND Projekt hat einen langen Entwicklungs- und Reifeprozess durchlaufen und enthält viele Facetten. Im Mittelpunkt stehen ohne Zweifel Aufbruch und Neubeginn auf der Basis eines künstlerischen Erbes, die Liebe und Verbundenheit zu einem Menschen weit über die Grenzen eines irdischen Daseins hinaus, gute Gedanken und Erinnerungen, sowie eine große Portion Dankbarkeit und Respekt. Auf dieser Basis entstand schließlich ein besonderes Album, welches aufwendig produziert als MediaBook erscheint und jeden dazu einlädt, den Klängen zu lauschen, die Bilder zu schauen, die Texte zu lesen und die Videos auf sich wirken zu lassen. Letztlich stellt das Album ein Gesamtkunstwerk dar, einen Schmelztiegel verschiedener künstlerischer Ansätze bei der Auseinandersetzung mit den Themen Liebe, Leben, Tod, Transzendenz und Aufbau eines neuen Selbst- und Weltbezuges. Letztendlich ist es auch eine Einladung, sich mit auf die gedanklich bereichernde und sinnliche Reise jenseits des Regenbogens zu begeben.

 

 

Mitwirkende:

Héloïse Lefebvre – Violine

Sebastian Voltz – Piano

Daniel Weber – Schlagzeug & Percussion

Martin Weinert – Kontrabass

 

Julia Johannsen – NACHTWIND Bilder Serie & Porträt von Susan Weinert

Klaudia Stoll – Multimedia

Bérengère Brulebois – Tanz

Sarah Gros – Schattentanz

Chris Kaiser – Sandmalerei, Multimedia

David Kaps – Skulptur

Matthias Eckert – Design

 

Rich Serra – Fotografie

Gérard de Haro – Recording & Mixing

Nicolas Baillard – Recording & Mastering

Matteo Fontaine – Recording

Nicol Brüninghaus & Gereon Schoplick – Lektorat & Korrektorat

 

 

Trackliste:

  1. Der Augenblick
  2. Die Endlichkeit
  3. Der Fluss
  4. Bunte Lichter in der Dunkelheit
  5. Früh morgens
  6. Sonnenwende
  7. November
  8. Die Kraniche