(ECM, VÖ: 7.04.2017)

Geboren in Argentinien als Sohn eines amerikanischen Vaters und einer irischen Mutter, lebte und studierte Dominic Miller in jungen Jahren größtenteils in den USA und England. Heute ist Miller in Frankreich ansässig, aber seit drei Jahrzehnten als Musiker in der ganzen Welt unterwegs. Und auch Silent Light, Millers Debütalbum auf ECM, auf dem er solo und mit Perkussionsbegleitung zu hören ist, wirkt sehr international – in Stücken wie „Baden“ (das dem brasilianischen Gitarristen und Komponisten Baden Powell gewidmet ist) ist der Latin-Einfluss unverkennbar, während „Le Pont“ an das Paris des frühen 20. Jahrhunderts erinnert und „Valium“ keltische Melodien im Stile Bert Janschs heraufbeschwört. „Fields of Gold“ ist eine ruhige Instrumentalversion einer der bekanntesten Balladen von Sting, dem Miller seit vielen Jahren als Gitarrist – und Co-Komponist von Welthits wie „Shape of My Heart“ – zur Seite steht. Daneben hat Miller mit so unterschiedlichen Künstlern wie Paul Simon, den Chieftains und Plácido Domingo gearbeitet. Ersterer lobt Miller in den Liner Notes zu diesem Album für seinen „wunderbaren Stil, mit einem Hauch von Jazz und englischer Folkmusik“.

Im eigenen Begleittext erinnert sich Miller an ein musikalisches Gespräch mit Manfred Eicher, ECM-Gründer und Produzent von Silent Light, über den Einfluss der ECM-Legenden Egberto Gismonti und Pat Metheny. Der „raue“, mit „klassischen Obertönen“ durchmischte Sound Gismontis faszinierte Miller ebenso sehr wie die stärker „groove-orientierte“ Stimmung und das „Americana-Gefühl“ in der Musik Methenys. Die Titel „Angel“ und „Tisane“ auf Silent Light verweisen auf die weiten Horizonte in Methenys akustischen Ausflügen, während in den Stücken mit Perkussion der Einfluss von Gismontis Album Duas Vozes mit dem brasilianischen Perkussionisten Nana Vasconcelos deutlich wird (der während der Proben für Silent Light verstarb). In Stücken wie „Baden“, dem nachdenklichen „What You Didn’t Say“, dem stimmungsvollen „Water“ und „En Passant“, das nach einem Schachzug benannt ist, wird Millers Gitarrenspiel durch die unaufdringliche Rhythmik seines alten Freundes und Perkussionisten Bould kongenial strukturiert und ergänzt.

Aufgenommen wurde das Album unter der Regie Eichers im Rainbow Studio in Oslo – größtenteils live, ohne Overdubs. Einzige Ausnahme ist „Chaos Theory“, bei dem Miller eine zweite Gitarre und E-Bass beisteuert und Bould am Schlagzeug sitzt. Beide „spielen mit dem Beat herum ähnlich wie die brasilianische Band Azymuth das häufig tut“, erklärt Miller. Seine Solomusik besticht dagegen durch ihre Ruhe und Intimität; dies gilt für „Urban Waltz“ (mit einer an Antonio Lauro erinnernden venezolanischen Stimmung) und das Anglo-Folk-akzentuierte „Valium“ ebenso wie für „Angel“, „Tisane“, „Le Pont“ und Stings „Field of Gold“. Sting, mit dem Miller seit dem Album Soul Cages (1991) zusammenarbeitet, hat ihn auch als Komponisten inspiriert: „Ich bin stark beeinflusst von seinem lateralen Harmonieverständnis und der Art, wie er Songs aufbaut. Ähnlich wie er versuche ich, in Instrumentalstücken eine Geschichte zu erzählen, die wie ein Song in Strophen, Refrains und Überleitungen gegliedert ist.“

Wenn er nicht für Sting und eine Vielzahl anderer Pop-Größen im Studio und auf Tour Gitarre spielt, arbeitet Miller an eigenen, eigen-sinnigen Instrumentalalben, auf denen er mit Jazz- und Folkmusikern aus so unterschiedlichen Ländern und Traditionen wie Wales, Marokko und Kuba zusammenarbeitet. Auf weitere Einflüsse angesprochen, verweist Miller auf J.S. Bach („die einzige Musik, die ich übe“), auf Debussy, Satie, Poulenc und Villa-Lobos sowie auf englische Folk-Gitarristen wie Jansch und Dick Gaughan und die Volksmusik, die er in seiner Jugend in Lateinamerika hörte. Außerdem nennt er amerikanischen R&B und englischen Prog-Rock als frühe Motivationsquellen und das französische Chanson, das ihm in den zehn Jahren, die er bereits in der Provence lebt, „unter die Haut gegangen ist“. Der Titel Silent Light ist eine Referenz an den gleichnamigen Film des mexikanischen Regisseurs Carlos Reygadas, der mit der Schlichtheit und Klarheit seiner Arbeit das Album ebenfalls geprägt hat. „Wie er Stille, Licht und Raum einsetzt, hat mich sehr beeindruckt“, erklärt Miller. „Manchmal vergehen Minuten ohne Bewegung oder Dialog. Ich fand das mutig und inspirierend.“

In seinen Betrachtungen zu Miller, dem musikalischen Weggefährten über fast 30 Jahre, und den Titel Silent Light schreibt Sting: „Wann immer Dominic Gitarre spielt, schafft er Farben, ein ganzes Spektrum von Emotionen, eine Klangarchitektur, in der Stille und Klang gleichermaßen ihren Platz haben. Er entführt den Geist in höhere Sphären.“

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