Chris Rea – La Passione

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Chris Rea – La Passione

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Chris Rea_La Passione_cover (earMUSIC, VÖ: 29.04.2016)

Wolfgang Graf Berghe von Trips zählte zu den größten Idolen seiner Zeit. Ende der 1950er und Anfang der 1960er Jahre war er weltweit beliebt bei Jung und Alt, als erster deutscher Sportler nach dem II. Weltkrieg konnte er auch im Ausland eine riesige Fangemeinde um sich scharen. Unter den Fans des Formel-1-Piloten befand sich damals auch ein gewisser Chris Rea aus dem nordenglischen Middlesbrough in der Grafschaft Yorkshire. Im Alter von zehn Jahren entwickelte der Sohn italienisch-irischer Einwanderer eine Leidenschaft für den Motorsport, die ihn nie wieder los ließ, von Trips war daran ganz maßgeblich beteiligt. Als Erwachsener fuhr Rea sogar selbst Autorennen, so drehte er zum Beispiel in Silverstone, Monza und auf der Teststrecke des Ferrari-Firmengeländes in Maranello seine Runden. Von den Einnahmen aus Single- und Album-Verkäufen steckte der Sänger/Gitarrist ein hübsches Sümmchen in den Aufbau einer eigenen Rennautosammlung, unter anderem kaufte und restaurierte er im Laufe der Jahre Originalexemplare der legendären Modelle Ferrari Dino, Ferrari 156, Ferrari 328, Ferrari 330, Lotus 6 (lediglich in einer limitierten Edition von 100 Stück als Bausatz vertrieben), Lotus Elan 26R und Caterham 7. Im musikalischen Schaffen des Briten blitzte seine Motorsportliebe übrigens auch immer wieder mal auf, so spielte er zum Beispiel den Song „Saudade“ zu Ehren von Formel-1-Champion Ayrton Senna ein.

Die aktuelle Veröffentlichung „La Passione“ ist ebenfalls voll und ganz Reas Begeisterung für PS-Boliden gewidmet. Mit dem luxuriös aufgemachten EarBook, bestehend aus einem 72-seitigen Kunst- bzw. Fotoband im quadratischen Großformat, zwei CDs und zwei DVDs, blickt der Künstler auf seine Kindheit zurück. Er erinnert sich an die Knabenjahre, als Wolfgang von Trips und andere von ihm bewunderte Rennfahrer die Passion für schnelle Autos in ihm weckten. Im Interview mit einem Motorsport-Magazin beschrieb er einmal die Initialzündung, die erlebte er, als er eines Tages mit seinem Vater, einem Eisdielenbetreiber italienischer Herkunft, gemeinsam vor dem heimischen TV-Apparat saß und die Ãœbertragung eines Autorennens verfolgte: „Ich saß auf seinem Knie und schaute den Monaco Grand Prix. Damals natürlich in Schwarzweiß … Moss führte und hinter ihm konnte ich Richie Ginther und Phil Hill in den Hainasen-Ferraris sehen. Nur ganz kurz, aber das genügte. Später fuhr ich mit meiner Familie nach Italien und sah meinen ersten echten Ferrari. Ich ging stundenlang im Kreis um ihn herum und ab dem Zeitpunkt wollte ich selber einen haben.“

Mit dem wunderschön aufgemachten EarBook „La Passione“ führt Chris Rea eine Idee fort, die ihn bereits vor zwanzig bei dem gleichnamigen Kinoprojekt beschäftigte. 1996 schrieb er das Drehbuch und den Soundtrack für das britische Filmdrama mit Shirley Bassey in einer Hauptrolle, darüber hinaus fungierte er als Produzent und hatte einen kurzen Cameo-Auftritt. Eigentlich wollte Rea den zum Großteil autobiografischen Film über einen „Northern Boy“ und dessen aufkeimende Leidenschaft für Rennautos selbst inszenieren, doch mit John B. Hobbs setzte ihm die Vertriebsfirma kurzerhand einen Fernsehregisseur im Ruhestand vor die Nase. Mit dessen Umsetzung des Stoffes und der Einmischung der Geldgeber ist Rea bis heute unzufrieden. „‚La Passione‘ war mit viel Arbeit und großem Kummer verbunden“, sagt er über die Dreharbeiten an Originalschauplätzen. „Ich hatte klare Vorstellungen davon, wie alles werden sollte und jedermann hatte andere Vorstellungen. Das waren aber nicht meine. Mir ging’s darum, wie Kinder zu ihren Fantasien kommen, zu ihren Leidenschaften.“ Für Chris Rea selbst war Wolfgang von Trips ein Katalysator dieser Fantasien, andere Kinder lassen sich vielleicht von berühmten Wissenschaftlern, Musikern oder Romanfiguren für eine Sache begeistern. „Jeder hat einen von Trips“, merkt der Brite dazu an, „für manche ist ein Fußballspieler oder Kinoheld der Auslöser für alle möglichen Gedanken, die plötzlich im bis dahin leeren, unschuldigen Kopf eines Jungen herumschwirren.“

Mit dem prächtigen EarBook „La Passione“ nutzt Chris Rea die Gelegenheit, die schlechten Erfahrungen des gleichnamigen Kinoprojekts hinter sich zu lassen. So setzt er etwa auf DVD Nummer eins seine Motorsportliebe filmisch so um, wie es ihm ursprünglich auch für den Kinofilm vorgeschwebt hat. Eine liebevoll zusammengesetzte Collage aus historischen Foto- und Filmdokumenten, Verweisen auf den Kinofilm „La Passione“ und eigens für die DVD gedrehten neuen Kurzfilmen wird Reas ursprünglicher Intention hier vollauf gerecht. In dazwischen geschnittenen Interviewsequenzen spricht er über seine Liebe zum Motorsport ebenso wie über die Entstehungsgeschichte des vorliegenden EarBooks. Mit der „Artist’s Edition“ seiner Filmidee ist Rea rundum zufrieden: „‚La Passione‘ so zu machen, wie ich es von Anfang an vorhatte, war ein großer Spaß.“

DVD 2 huldigt Chris Reas Idol Wolfgang von Trips in einer detaillierten Dokumentation in englischer Sprache. Der Ferrari-Fahrer (nebenbei bemerkt Nachfahre eines 700 Jahre alten Rittergeschlechts) wird hier umfassend portraitiert. Rea und seine Mitarbeiter erhielten dafür Zugriff auf das private Filmarchiv der Trips-Familie und konnten Material verwenden, das der Öffentlichkeit bislang gänzlich unbekannt war. Hautnah erlebt der Zuschauer so, wie das Leben eines Formel-1-Rennfahrers früher einmal aussah. Auch das tragische Ende des Wolfgang von Trips wird nicht ausgespart, im Schlusskapitel der Doku-DVD erinnert man an den Unfall, der ihn im September 1961 so jäh aus dem Leben riss. Als Führender der WM-Wertung benötigte von Trips seinerzeit nur noch einen Sieg, um die Championship für sich zu entscheiden. Doch beim Großen Preis von Italien in Monza verunglückte er mit seinem Ferrari 156 bereits in der zweiten Runde in der Anfahrt zur sagenumwobenen Parabolica-Kurve und war auf der Stelle tot.

Anlässlich der EarBook-Edition von „La Passione“ hat sich Chris Rea auch den Soundtrack, den er 1996 für den Kinofilm komponierte, noch einmal vorgenommen. Für die beiliegenden CDs wurde die Originalmusik dem Remasteringverfahren unterzogen und klanglich auf den Stand von heute gebracht. Ferner hat man einzelne Tracks wie etwa den Song „Girl In A Sportscar“ völlig neu abgemischt. Und schließlich nutzte Rea die Gelegenheit, um einzelne Partituren, die man beim Kinofilm weglassen musste, neu aufzunehmen und der aktuellen Ausgabe beizufügen.

Christopher Anton Rea, so der vollständige Name, stieg vor allem in den 1980er und 1990er Jahren mit Hits wie „Josephine“, „Stainsby Girls“, „Steel River“, „If You Were Me“ (im Duett mit Elton John) und „Driving Home For Christmas“ zum internationalen Millionseller auf. In Deutschland reüssierte der Mann mit dem rauchigen Bariton des Weiteren als TV-Komponist („Schimanski: Blutsbrüder“, „Der Schattenmann“). Seit Anfang des neuen Jahrtausends frönt er hauptsächlich seiner Blues-Leidenschaft. Im Oktober 2005 veröffentlichte er unter dem Titel „Blue Guitars“ sogar ein EarBook, das elf (!) Blues-Alben, eine DVD und Gemälde von ihm umfasste und über 150.000 Mal über den Ladentisch ging. Das zweite EarBook „The Return Of The Fabulous Hofner Bluenotes“, zwei Vinyl-LPs und drei CDs enthaltend, kam bei seinen Fans ebenfalls sehr gut an.

Mit „La Passione“ legt der inzwischen 65-jährige Künstler jetzt ein weiteres „Coffee Table Book“ vor. Dieses Hör-und-sieh-Buch, das neben den bereits erwähnten CDs und DVDs viele Ferrari-Fotos sowie thematisch passende Gemälde des Hobbymalers Rea beinhaltet, ist ein echtes Schmuckstück für jede Sammlung!

www.chrisrea.de