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RingEnsemble_Cover (enja, VÖ: 18.02.2011)
[Text von Simon Slowik]
Ausschlaggebend für die Gründung des RING ENSEMBLES war zum einen, dass wir uns als RING TRIO für eine tiefere Zusammenarbeit mit einer anderen Kunstform interessierten. Zum anderen war es der Wunsch meiner Schwester Ulrike (Barock-Violine) und mir, in einem gemeinsamen Projekt zu spielen. Wann immer wir uns über Musik unterhalten haben, ist uns aufgefallen, wie nah unsere Einstellungen beieinander sind. Unser Vorhaben war in keiner Weise, Barock und Jazz irgendwie zu mixen. Wir wollten einfach aus dem, was wir gemeinsam über Musik denken, eine eigene Musik kreieren.

Das RING TRIO „Im Jahr 2006 kamen wir, das RING TRIO, auf die Idee, regelmäßig in einem Club zu spielen und uns dazu noch einen Gast einzuladen, um mit ihm gemeinsam mit seiner Musik zu spielen. So entstand unsere Konzertreihe FEATURE RING. Inzwischen haben wir über 35 solcher Konzerte gespielt.
Unsere Gäste waren unter anderem: Markus Stockhausen, Kurt Rosenwinkel, Celine Rudolph, Marta Topferova, Robyn Schulkowsky, Barbara Buchholz, Michael Schiefel, Aly Keita, Carl Ludwig Hübsch, DJ illvibe, Flowin’ Immo (dt. HipHop), Antonio Ramos (Tanz).
Darüber haben wir auch ein eigenes Repertoire erarbeitet. Die Musik des RING TRIOs zeichnet sich dadurch aus, dass die Kompositionen aus wenigen, starken Motiven bestehen, um die dann improvisiert wird – geradeso als würde man gemeinsam über ein bekanntes Volkslied improvisieren. Im RING ENSEMBLE sind die Stücke nun eher durchkomponiert und etwas komplexer, und wir versuchen, die klanglichen Möglichkeiten und die Dynamik der Besetzung auszuloten.

Warum arbeiten wir mit Barockmusikern? Ich selbst habe 9 Jahre Cello gespielt, dabei sowohl basso continuo als auch im Sinfonieorchester. Die Ästhetik der Barockzeit ist der musikalischen Welt, aus der das RING TRIO stammt (Jazz, Weltmusik, improvisierte Musik), näher als die der Klassik und Romantik.
Barockmusiker haben ein ähnliches Gefühl für Groove. Wir empfinden einen Groove nicht zwingend dann als besonders intensiv, wenn er laut oder akurat gespielt ist, sondern wenn er Bauch hat. Dieses Konzept hat auch die Alte Musik, bei der sich viel um Tänze dreht.
Die Instrumentierung des Trios im RING ENSEMBLE ist angelehnt an Strömungen wie TripHop, BigBeat oder NuJazz. Ob Cinematic Orchestra, Beady Belle oder Bonobo – die Besetzung Fender Rhodes, Kontrabass und Schlagzeug ist typisch für diese Jazz verwandte Jugendkultur und tritt immer dann besonders hervor, wenn es um Beats geht (z.B. bei Trailer nach dem Intro).
Durch seine Kammermusikgröße verfügt das RING ENSEMBLE über einen Farbenreichtum, der mich schon beim sinfonischen Orchester begeistert hat. Darüber hinaus können wir hier mit einer großen Dynamik spielen – von der Intimität eines Duos bis zu aufbrausenden Crescendi in voller Besetzung.
Zu unseren Einflüssen gehört auch elektronische Musik. Was den Einsatz solcher Mittel anbelangt, sahen wir es als Herausforderung, sie nicht neben der Musik klingen zu lassen, sondern ihnen eine gewisse Natürlichkeit und Feinheit zu geben, die den klassischen Instrumenten ebenbürtig ist. Ähnlich beim Fender Rhodes, das leider häufig Harmonie gebend im Hintergrund verschwindet. Ich mag seine eigene Klangcharakteristik, auch als Melodieinstrument, und so wollte ich es einsetzen.
Trailer– Träumen, was sein wird war unser erstes Stück. Ich mag diese Art zu Träumen, wenn man sich ausmalt, wie etwas sein könnte. Das gibt einem viel Kraft, sich selbst seine Träume zu erfüllen. Und dann ist dieser Traum wie eine Vorschau auf die Wirklichkeit – ein Trailer.
Arabic. Die arabische Welt fasziniert mich schon immer. Ungefähr in der Mitte des Stücks gibt es einen sehr leisen Moment – wie im Auge des Orkans. Ein diffuser Klangteppich der Streicher, aus dem das Ensemble dann wieder emporsteigt. Solche Klänge erinnern mich an die sinfonische Musik von Schostakowitsch.
La Truviata. Ist eine Zusammensetzung aus den Wörtern Truvia und La Traviata. Truvia ist ein moderner Zuckerersatz, der aus den Blättern der südamerikanischen Stevia-Pflanze gewonnen wird. In gewisser Weise hat er das Leben meiner Freundin Patricia und damit auch meines verändert. Das Wortspiel mit La Traviata zum einen, weil meine Freundin Opernsängerin ist und zum andern, weil das Stück durch seine vielen Teile etwas Opernhaftes hat.
Die Kunst des Streitens. Inhaltlich geht es um die wunderbare Erfahrung, die ein gut geführter Streit sein kann. Formell ist es ein bisschen ein Gegenkonzept zur Fuge, bei der die beiden Stimmen ja voreinander flüchten sollen. Hier interagieren sie miteinander.
Winzer N°512. Ist der gemeinsamen Arbeit mit meinem Vater im Weinberg meiner Eltern gewidmet. Bei diesem Stück spürt man die ganze Dynamik des Ensembles: Wir spielen eine ganze Weile als Duo, sodass man sich als Zuhörer an diese Intimität gewöhnt. Dann setzen innerhalb kurzer Zeit alle Instrumente polyphon ein und es verdichtet sich stark. Außerdem hat der gesamte Mittelteil seinen Schwerpunkt stets auf der vorgezogenen 1 – ein Gefühl, das ich von lateinamerikanischer Musik kenne.
5000 miles away. Das ist die Entfernung von Dresden nach Seoul. Meine Freundin arbeitet teilzeit als Flugbegleiterin bei der Lufthansa und das ist ein häufiges Reiseziel. Durch unsere Berufe sehen wir uns weniger, als uns lieb ist. Nun, das Stück beschreibt meinen Zustand, wenn sie weg ist. Bei dem Stück habe ich von Anfang an eine sphärische Elektroinstallation gehört. Der lange Aufbau am Schluss ist eine Art Verbeugung vor Damien Rice, der es wunderbar versteht, lange Zeit auf kleiner Flammer zu kochen und am Schluss eine unglaubliche Intensität zu entwickeln.
Electrain habe ich in einer Zeit geschrieben, als ich mich (zu) viel mit elektronischer Musik beschäftigt habe und mir Gedanken um das Verhältnis von Mensch und Maschine gemacht habe. Der Groove am Anfang ist tatsächlich eine gemeinsame Entwicklung des Ensembles in der ersten Probenphase gewesen.
Bolero. Gemeint ist die balladeske Gattung lateinamerikanischer Musik. Es klang in meinem Ohr anfangs tatsächlich ein wenig nach Buena Vista Social Club, hat sich dann aber zu diesem Duo entwickelt. Geblieben sind Melodie, Harmonie und der Titel. Hierbei fällt mir immer wieder auf, wie gut das Rhodes und die Laute miteinander harmonieren. Der lange Soloteil ist inspiriert durch das, was mir an der Musik von Singer/Songwritern Spaß macht. Ich wollte hier selbst nicht solieren, sondern einfach so intensiv wie möglich begleiten.
The colourful clothes of Mr. Kapadia. Mr. Kapadia ist ein Schneider aus Mumbay. Bei meinem Besuch in Indien hat mich am meisten fasziniert, dass die Menschen dort in ihrem Alltag so unglaublich farbenfrohe Stoffe an ihren Körpern und an den Wänden trugen. Ich habe Farben noch nie so leuchten sehen.
Zum anderen ist es ein Plädoyer für die Vielfältigkeit der Menschen. Gerade wenn jetzt immer wieder über Zuwanderung diskutiert wird, möchte ich sagen, dass es sich lohnt, über Unterschiede hinwegzusehen, weil uns andere Kulturen stärker bereichern als sie uns gefährden. Deshalb habe ich auch im Mittelteil viele Stimmensamples überlagert, sie sollen ein Ausdruck des Menschlichen sein.
Heidsieck. Die Champagner-Marke. Ich wollte das Stück einer Sache widmen, die mir einfach Freude macht.
Im FEATURE RING haben wir mit Schleck und Stecker zusammengearbeitet, zwei DJs, die sonst in den frühen Morgenstunden in Clubs unterwegs sind. In deren Welt geht es viel darum, den perfekten Basedrum-Sound zu finden. Daran wollten wir uns mit unseren Mitteln versuchen.“

Tourdaten 2011:
19. Februar, Verden
20. Februar, Berlin (A-Trane)
22. Februar, München (Unterfahrt)
21. Mai, Landshut
22. Mai, Chemnitz (Mozart Festival)