Pietro Massa – Giuseppe Martucci: Piano Concerto No. 2 op. 66

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Pietro Massa – Giuseppe Martucci: Piano Concerto No. 2 op. 66

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PietroMassa_Cover (Crystal Classics, VÖ: 01.07.2011)
Giuseppe Martucci (1856-1909) gehört – neben Giovanni Sgambati (1841-1914) – zu den Wegbereitern der neueren italienischen Instrumentalmusik. Zu einer Zeit, da das Musikleben seiner Heimat hauptsächlich
von der Oper beherrscht wurde, schrieb er Orchester- und Kammermusik.
Der Komponist wurde als Sohn eines Trompeters und Militärkapellmeisters in Capua geboren. Ersten Musikunterricht erhielt er bei seinem Vater. Bereits mit acht Jahren trat Martucci als Pianist öffentlich auf, zusammen mit seiner Schwester Teresa.
Von 1867 bis 1871 besuchte der Musiker das Konservatorium San Pietro a Maiella in Neapel, wo er bei dem Thalberg-Schüler Beniamino Cesi (Klavier) und Paolo Serrao (Komposition) studierte. 15jährig begann er seine Laufbahn als Konzertpianist, die ihn zunächst durch die großen Städte Italiens führte. 1875 gab Martucci sein erstes Konzert im Ausland. Er gastierte in Dublin und London, später auch in Frankreich. Häufig musizierte er zusammen mit dem Cellisten Alfredo Piatti. Sein Repertoire reichte von Bach über Scarlatti bis hin zu Liszt. Ãœbrigens zählte zuletzt Genannter – ebenso wie Anton Rubinstein – zu den Bewunderern des italienischen Pianisten.

Als Martucci 1880 nach Neapel zurückkehrte, entschied er sich für eine feste Anstellung: er wurde Professor für Klavierspiel am Konservatorium und gab wenig später auch sein Debüt als Dirigent der neu gegründete
Società Orchestrale di Napoli. Er baute in der süditalienischen Stadt ein reges Konzertleben auf. Von 1886 bis 1902 war er Direktor des Liceo Musicale in Bologna und leitete das daran angeschlossene Orchester.
Martucci bereicherte den Spielplan durch eine vielseitige Programmgestaltung. Der engagierte Künstler setzte sich als Orchesterleiter insbesondere für deutsche Komponisten ein, für Brahms ebenso wie für Wagner. Auch zeitgenössische britische Komponisten wie Sullivan, Stanford und Parry fanden in seinen Konzerten Berücksichtigung.
1883 veranstaltete er in Neapel ein Gedenkkonzert für den gerade verstorbenen Richard Wagner. Fünf Jahre später leitete er die italienische Erstaufführung von „Tristan und Isolde“ im Teatro Comunale in Bologna. Ab 1902 lebte Giuseppe Martucci wieder in Neapel, wo er die Leitung des Konservatoriums übernahm. Franz Liszt hatte Martucci erstmals am 3. Juni 1874 in einem Konzert für die Società Orchestrale Romana erlebt. Wie das Giornale di Napoli am 6. Juni berichtete, hatte sich „Herr Martucci als exzellenter Pianist“ erwiesen. „Er ist sehr
jung und verspricht zu größter Berühmtheit zu gelangen. Liszt war im Saal und zeigte sich sehr zufrieden.“ – Als Martucci den berühmten ungarischen Pianisten bemerkte, war er „nahe daran, in Ohnmacht zu fallen, wusste dann aber doch sich zu beherrschen und das Konzert wurde zu einer schönen Bestätigung seines Wertes“, schrieb der Komponist und Musikwissenschaftler Alessandro Longo in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift Arte Pianistica Jahre später über dieses denkwürdige Ereignis. Bei aller Begeisterung für das Musiktheater widmete sich Martucci selbst vornehmlich der Instrumentalmusik.
Er schrieb u. a. zahlreiche Klavierstücke, Lieder, Kammermusik sowie zwei Klavierkonzerte und zwei Sinfonien.
Zu den Kompositionsschülern des „Apostel italienischer Sinfonik“ (David DiChiera) zählten u. a. Bruno Mugellini und Ottorino Resphighi.
Für Alfredo Casella (1883-1947) war er ein väterlicher Mentor und Gian Francesco Malipiero (1882-1973) lobte ihn noch anlässlich seines 100. Geburtstages als ein „Genie im umfassenden Sinn“.
Mit dem Komponieren hatte Giuseppe Martucci 16jährig begonnen. Seine ersten kleinen Klavierstücke erschienen im traditionsreichen Musikverlag Ricordi. Später distanzierte sich der Italiener von seinem Frühwerk und wollte es aus dem Angebotskatalog des Verlages herausnehmen, doch darauf ließ sich Ricordi nicht ein. Obwohl sich Martucci als Dirigent immer wieder mit Richard Wagner beschäftigt hatte, blieb sein eigenes Schaffen von dem großen deutschen Musikdramatiker weitestgehend unberührt.
Ganz bewusst knüpfte er an Beethoven, Schumann und Brahms an. 1895 brachte Martucci seine Erste Sinfonie heraus. Die Arbeit an seiner „Zweiten“ schloss er im Juli 1904 ab.
Das 1884/85 entstandene 2. Klavierkonzert zählt neben den Sinfonien zu den wichtigsten Kompositionen des Maestros. Das Werk gehörte zum Repertoire Anton Rubinsteins;
Gustav Mahler dirigierte es 1911 in New York im letzten Konzert, vor seinem Tod. Bei der Uraufführung am 31. Januar 1886 in Neapel übernahm Martucci den Klavierpart. Die Konzertleitung oblag Paolo Serrao. Der erste Satz (Allegro giusto) wird von schroffen,
punktierten Rhythmen eröffnet, aus denen das leidenschaftliche Hauptthema erwächst. Obwohl der Solist über weite Strecken führt und ständig virtuoses Passagenwerk zu bewältigen hat, verzichtet Martucci
nicht auf die traditionelle Kadenz – doch geht ihr, gleichsam eine Zäsur setzend, ein Choral voraus. Romantische Stimmungen herrschen im nachfolgenden Larghetto vor.
Solist und Orchester führen zunächst einen inbrünstigen Dialog, ehe die Celli ein zweites expressives Thema vortragen, das nun vom Klavier begleitet wird. Der Satz kulminiert in einem erhitzten Klavier-Rezitativ. Doch am Ende kehrt Martucci zu dem schönen Cello-Thema zurück. Das Konzert schließt mit einem brillanten, zuweilen dramatischen Allegro, mit kontrapunktischen Passagen. Als Arturo Toscanini 1899 das technisch äußerst anspruchsvolle Klavierkonzert mit dem Orchester der Mailänder Scala und Martucci als Solisten einstudierte, wandte er sich vor Probenbeginn an die Musiker: „Ich bin gespannt, ob er mit all den Problemen, die er selbst geschrieben hat, zurechtkommt.“
Doch nachdem der berühmte Dirigent Solist und Orchester zusammen erlebt hatte, war er von der Qualität des Werkes sowie von der Fingerfertigkeit seines Erfinders überrascht.
Ursprünglich hatte Giuseppe Martucci 1888 sein Notturno op. 70 für Klavier solo geschrieben. Das lyrische Charakterstück steht in der Tradition von Chopin und Schumann und setzt diese fort. In der später
entstandenen Orchesterfassung wird die Stimmungs- und Ausdruckspalette der zarten Komposition noch intensiviert. Martucci versteht es, die Orchesterfarben sensibel und zugleich wirkungsvoll einzusetzen.
Thema und Variationen op. 58 hatte er bereits 1882 in Neapel vollendet. Das virtuose Stück ist seinem Kollegen, dem berühmten Pianisten und Komponisten Giuseppe Sgambati, gewidmet. Die Uraufführung kam
1884 bei der Società del Quartetto in Mailand zustande. Damit war das Werk für Martucci jedoch nicht abgeschlossen. In den folgenden Jahren arbeitete er immer wieder an den Variationen. Aus dem ursprünglich für ein Klavier konzipierten Werk wurde im Jahre 1900 schließlich eines für zwei. Martucci schwebte zudem eine Version für Klavier und Orchester vor, die allerdings unvollendet blieb. In enger Absprache mit dem Maestro gab der Pianist Alessandro Longo Thema und Variationen für Klavier solo neu heraus,
und zwar auf Grundlage der Fassung für zwei Klaviere. Longo nahm erhebliche Änderungen an dem Werk vor. Er überarbeitete die 4. Variation und tauschte die Reihenfolge der 7. und 6. Variation aus. Wie von Martucci gewünscht, verwendete Longo ein anderes Finale, das sich aus einem Notturno alla Chopin, einer Art Kadenz und einem abschließenden Choral zusammensetzt.