Pascal Schumacher Quartet – Bang My Can

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Pascal Schumacher Quartet – Bang My Can

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CovershotPascalSchumacher_9572 (enja, VÖ: 07.10.2011)
Jeder Musiker muss sich eines Tages von Vorbildern, Traditionen lösen, wenn er den Schritt über die Grenze des Bekannten gehen will. Pascal Schumacher macht das auf nachdrückliche, lustvolle Weise. Er wählt den schwierigen Weg des aus selbst heraus schaffenden Künstlers, der nicht den Segnungen der modernen Soundvielfalt und Studio-Technik erliegt, sondern Klänge abwägt und gewichtet, Musik herausfordert und mit ihr kämpft. Genau genommen ist er damit mehr Purist als mancher, der sich vor der Vergangenheit verneigt. Denn es geht ihm um sein Instrument, dem er Eigenwilliges abringt, ohne dabei die Hilfestellung der Heroen zu benötigen.

Das Vibraphon macht es ihm nicht leicht. Sein Sound ist zwar exotisch, gilt aber als wenig flexibel und historisch auf Unterhaltung und Effekt festgelegt. Patentiert als Schlagwerk gehört es zur Familie der Perkussionsinstrumente und wird häufig auch als eine Möglichkeit unter vielen trommelnden Alternativen wahrgenommen. Einige Säulenheilige haben ihm bislang Charakter verliehen und ein wenig Swing, etwas Bop, eine Prise Moderne und einen Schuss Salsa ins Stammbuch geschrieben. So muss man sich keine Sorgen mehr über die Akzeptanz machen, findet aber auch nur eine Handvoll Musiker, die als Komponisten, Stilisten und Visionäre des Vibraphons klare Spuren in der Jazzwelt hinterlassen haben.
Für Pascal Schumacher ist das eine Herausforderung. Der junge Luxemburger will sich im Gemenge der uneinheitlichen Bezugssysteme nicht nur behaupten, sondern Zeichen setzen. Seine musikalische Mischung ist markant, reicht stilistisch vom Spätromantischen bis zur neuen Emphatik der Gegenwart. Die Klangvorstellungen nähern sich mal der dezenten Funkyness des Fender Rhodes, mal dem Anschein von Steeldrums, spielen mit orgelhaft Elegischem auf der einen Seite und trancehaft sich steigernder Tonopulenz auf der anderen. Und sie enden nicht bei Pascals Schumachers Instrument, sondern bauen auch auf die Energie des Quartetts, auf die Wucht einer sich ergänzenden Gestaltungskraft.
Das Resultat ist beachtlich. Track für Track wächst „Bang My Can“ zu einem Epos ohne Worte heran, jongliert mit Struktur und Auflösung. Musik entsteht, die organisch, geerdet und energisch wirkt. Sie ist in der Gegenwart verwurzelt, spielt mit der Vergangenheit, mit Kraft und Pathos und basiert auf einer Spielhaltung, die vom Kammerjazz der Achtziger ebenso geprägt ist wie vom Rocksound der Neunziger und der Offenheit der Gegenwart. Pascal Schumacher ist damit auf bestem Weg, aus dem Rahmen zu fallen. Er hat ein famoses Team an seiner Seite, ein kompaktes, wiedererkennbares Repertoire, eine individuelle Soundidee und genügend Ernst, um darüber den Humor im Detail nicht zu verlieren – vibes with attitude, auf der Höhe der Zeit.
(Ralf Dombrowski)