JazzNights – Wolfgang Haffner & Bugge Wesseltoft (Tour)

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JazzNights – Wolfgang Haffner & Bugge Wesseltoft (Tour)

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2955_7923_Wesseltoft_CreditHenningHansen WOL FGANG HAFFNER QUARTETT
Wolfgang Haffner (dr) Sebastian Studnitzky (key, tr) Kosho (g, voc) Christian Diener (b)

Manchmal klingt es wie die galante Aufforderung zum Tanz, manchmal wie ein Fingerzeig in Richtung „Jazz muss nicht unbedingt akademisch sein“, manchmal auch wie eine vertonte Weltreise. Niemals aber ist das, was Wolfgang Haffner unter seinem Namen veröffentlicht, ein Geschenk an die ewigen Nerds des Jazz-Universums. Der Schlagzeuger aus Wunsiedel hat bei Peter Herbolzheimer getrommelt, bei Klaus Doldingers Passport, für Chaka Khan und für die NDR Bigband ebenso wie für die Fantastischen Vier und Nils Landgrens Funk Unit. Mit anderen und kürzeren Worten gesagt: Haffner springt ziemlich beherzt über Genregrenzen.

Womit er für die wagemutigen JAZZnights fast schon eine Idealbesetzung ist. Dort wird Haffner mit Sebastian Studnitzky an Keyboards und Trompete, mit dem Bassisten Christian Diener und Kosho an Gitarre und Vocals auftreten, was allein schon einen Preis für eine so nicht unbedingt erwartete Band verdient hätte. Das jedoch wird glücklicherweise nicht die einzige Überraschung bleiben, denn mit „Heart Of The Matter“ hat Haffner ein neues Album produziert, das mit Erwartungshaltungen und persönlichen Präferenzen kunstvoll jongliert und welches die aktuelle Tour nun zu Gehör bringen wird.
Jener Mann, der bereits mit dem German Jazz Award, dem Jazz-Echo, dem Kulturpreis Bayern und dem Wolfram von Eschenbach-Preis ausgezeichnet wurde und den rote Teppiche trotzdem bestenfalls am Rande interessiert haben, bewegt sich auf dem neuen Album hin zu ungewohnt sanfter Melodik, bei der das Schlagwerk nur auf den ersten Blick keine zentrale Rolle mehr zu spielen scheint. Am Ende jedoch bleiben – natürlich – vor allem Haffners fragile Rhythmen und die elegante Präzision seines Spiels in Erinnerung.

Für die JAZZnights erscheint Haffner, ebenso wie sein Kollege Bugge Wesseltoft, mit dem zusammen er die Tour bestreitet, eine nahezu perfekte Besetzung. Denn so wie bei dem Norweger gilt auch für Haffners Konzerte das wunderbare Motto: Wenn ich genau wüsste, was mich dort erwartet, dann müsste ich ja nicht mehr hingehen“. Weiß man aber eben nicht genau, muss man eben doch hin. Garantiert aber wird ein Höchstmaß an Qualität, Originalität und Fantasie. Womit wir der ehemaligen und zum Glück noch nicht ganz verblichenen Definition dessen, was Jazz bedeutet, auf der Spur wären. Wolfgang Haffner kommt unbedingt das Verdienst zu, diesem Genre seine Eigenart zu bewahren.

Aktuelles Album: “Heart Of The Matter”
VÖ: 24. Oktober 2012 ACT Music

BUGGE WESSELTOFT’S JAZZLAND COMMUNITY
Bugge Wesseltoft (p) Mari Kvien (voc) Hakon Kornstad (sax) Ola Kvernberg Trio (v, b, dr)
In Hamburg: Bugge Wesseltoft (p) Mari Kvien (voc) Hakon Kornstad (sax) Knut Reiersrud (g)
(Änderungen vorbehalten)

Wer je das Glück hatte, Gast bei den von Bugge Wesseltoft ausgerufenen „Jazzland Sessions“ im legendären Osloer Club „Blå“ zu sein, wird sich in heißer Begeisterung ihrer erinnern. Dort wurde hautnah spürbar, weshalb der norwegische Jazz weltweit eine Ausnahmestellung einnahm, bis heute einnimmt und vermutlich auch in Zukunft wird verteidigen können. Die Norwegerin Sidsel Endresen, genialische Interpretin schamanenhafter Gesänge im XXL-Format, gab damals gern zu Protokoll, der Jazz sei aus nordischer Sicht „eigentlich nichts anderes als dies: Die Erprobung aller Möglichkeiten, ohne die Existenz von irgendwelchen Grenzen akzeptieren zu müssen“.
Eine Definition, welcher sich der 1964 im südnorwegischen Porsgrunn geborene Wesseltoft sicherlich gern anschlösse. Das von ihm 1996 gegründete Label Jazzland stand lange Zeit einigermaßen mutterseelenallein als Richtungsgeber in jenem Genre da, das nicht nur nach Meinung Frank Zappas allmählich ein bisschen komisch zu riechen begann. Als jedoch Wesseltoft den Jazz mit elektronischen Fundamenten versah und über jedes radiotaugliche Format hinaus zu denken und vor allem auch zu musizieren begann, pilgerten plötzlich unvermutet junge Hörer in seine Konzerte. Konsequent hatte der Pianist und Keyboarder weitergedacht, was viele Jahre zuvor sein Landsmann Jan Garbarek als Idee in einen damals noch luftleeren Raum gestellt hatte.
Seither sind Wesseltoft die Ideen und Träume einfach nicht mehr ausgegangen. Und die Inspirationen im eigenen Lande schon gar nicht. Als vor gut zehn Jahren besagte Sidsel Endresen und der Gitarrist Eivind Aarset, ein vom Heavy Metal zum Jazz konvertierter Musikanarchist, bei den Jazzland Sessions 40 Minuten lang über eine Gänsehautmelodie improvisierten, stand in Reihe eins Bugge Wesseltoft und verdrehte die Augen. Er hat das Experiment zwar nie wiederholt – warum auch? – , aber animiert hat es ihn ganz sicherlich. Oft bekannte er seither, die heimische Szene habe sich anfangs zu Recht am Folk und später dann, nicht zuletzt unter seiner Ägide, ebenso zu Recht an der Elektronik orientiert. Bei den JAZZnights wird Wesseltoft nun erneut (und fast schon gewohnheitsgemäß) mit einer Formation erscheinen, die mindestens spannend genannt werden muss, eigentlich aber beinahe sensationell. Neben dem Violinisten Ola Kvernberg, der bereits mit dem inzwischen leider verstorbenen Jimmy Carl Black aus Zappas „Mothers of Invention“ musizierte, gehören ihr mit Mari Kvien Brunvoll eine verquere Sängerin und Elektronikerin sowie mit Håkon Kornstad ein ebensolcher Saxofonist an.
Was daraus am Ende erwachsen wird? Wir werden einen Teufel tun, auch nur Vermutungen anzustellen. Vermutlich redet hinterher sowieso wieder die gesamte (Jazz)Welt darüber. Alles andere wäre ja im Falle Bugge Wesseltofts ohnehin ein mittleres Wunder. Oder ein großes.