Francoise Hardy – L’amour Fou

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Francoise Hardy – L’amour Fou

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Francoise Hardy Album l'amour fou packshot (EMI Virgin, VÖ: 02.11.2012)
Sie drückt es einfach aus, und es klingt keine Spur anmaßend. „Ich denke, es ist eines meiner besten Alben.“ Françoise Hardy hat noch nie einen Hehl aus ihrer Vorliebe für langsame, romantische Songs gemacht. Ihr aktuelles Werk L’amour fou enthält auch wirklich einige ihrer schönsten Stücke dieser Richtung. Klavier und Streicher stehen auf der Platte eindeutig im Vordergrund, voller Inspiration, aber auf Höhe der Zeit. „Mein Sohn Thomas meint tatsächlich, dass vieles auch mit ein bisschen Gitarre funktionieren würde!“ lacht sie.

Komponist Thierry Stremler, mit dem Hardy seit langem zusammenarbeitet, setzt ein erstes Zeichen: Er schreibt einen Song, der auch aus dem 19. Jahrhundert stammen könnte. Hardy mag diese Zeit und auch die Werke von Edith Warton und Henry James, also ist der Text dazu schnell geschrieben. Der Titel wurde dann zum Namensgeber für das Album, L’amour fou: „Ich hatte gerade erst James’ “The American” gelesen. Eine Szene daraus beeindruckte mich besonders: Ein junger Mann wird in einem Duell um eine Frau getötet, mit der er gar nichts zu schaffen hat. Ich dachte mir, dass L’amour fou einen guten Titel für das Album abgeben würde und – direkt oder indirekt – auch das Oberthema für alle anderen Songs.“
Parallel entscheidet sich Françoise Hardy dazu, den Titel ebenfalls für eine Geschichte zu verwenden, die sie vor ungefähr 30 Jahren begonnen hatte zu schreiben. “L’amour fou ist auch der Name eines Romans von André Breton, aber die französische Autoren-Gesellschaft sieht es als einen vielfältigen Titel an, der jedem gehört.“ Vier Jahre nach dem Erfolg ihrer Autobiographie hat sie nun eine Sammlung von sentimentalen Geschichten zusammengetragen, basierend auf ihren eigenen Erfahrungen. Der männliche Protagonist legt dabei Charakterzüge an den Tag, die denen vieler ihrer bisherigen Liebhaber durchaus ähneln. „Ich habe mich immer zu demselben Typ Mann hingezogen gefühlt und auch unglücklicherweise immer dieselben Fehler gemacht“, bekennt sie.
Die zehn brandneuen Songs auf L’amour fou beschäftigen sich mit den Gegebenheiten von unmöglicher, quälender und zerstörender Liebe. Jeder Song ist langsam, aber die Texte beschreiben das Thema jeweils auf eine andere Art. „Ich fühle mich nicht besonders wohl mit schnellen und rhythmischen Tempi. Dieses Album ist das erste seit langem, wo jedes Stück genau meine Kragenweite ist.“
Auch klingt Hardys einzigartige Stimme auf dem neuen Werk besser als je zuvor. „Das generelle Ambiente im Studio war sehr auf Kreativität ausgerichtet. Alles fühlte sich während der Aufnahmen sehr anmutig an“, bescheinigt sie. Außerdem lobt sie die hochkarätige Kompetenz und Hingabe, mit sich die beiden Co-Produzenten Dominique Blanc-Francard und Bénédicte Schmitt in die Arbeit eingebracht haben.
In jeder gesungenen Zeile ist pure Emotion greifbar, besonders bei ihrer Version von Les Fous de Bassan, die beinahe eine mystische Dimension besitzt. Der Text basiert auf einer immer wiederkehrenden dramatischen Handlung. Pascal Colombs Komposition ist sicherlich eine der am meisten bewegenden Momente auf dem Album. „Ich war äußerst emotional berührt beim Singen dieses Songs“, sagt sie. Pascal Colomb arbeitet übrigens zum ersten Mal mit Hardy. Julien Doré, mit dem sie das Duett BB Baleine für sein letztes Album aufnahm, fühlte sich inspiriert, den Text und die Musik zu Normandia zu schreiben. „Ich liebe die Atmosphäre dieses Liedes und wie es sich musikalisch entwickelt“, erklärt sie.
Der einzige andere nicht von Hardy stammende Text lässt sich zurückführen auf ein Gedicht von Victor Hugo, die Musik dazu kommt von Bertrand Pierre: Si vous n’avez rien à me dire. „Ich mag die Einfachheit der Worte, die locker auch heutzutage hätten geschrieben werden können und die mehr wie ein Songtext als ein Gedicht klingen. Besonders mag ich die Zeile, die die Basis des ganzen Songs darstellt: Wenn du mir nichts zu sagen hast, warum kommst du dann zu mir?“ bemerkt sie.
Der Pianist Alain Lanty, der normalerweise mit Julien Clerc und Johnny Hallyday arbeitet, schrieb das wunderschön feinsinnige Stück Piano-bar. „Bei diesem Song war ich am wenigsten sicher, aber jetzt ist er einer meiner Lieblinge.“
L’enfer et le paradis wiederum ist die Arbeit von Benoît Carré, dem ehemaligen Frontmann der Popgruppe Lilicub. „Ich habe mich sofort in die melodramatische Qualität der Nummer verliebt“, erklärt Hardy. „Aber der Original-Text besaß einen rustikalen Beigeschmack, mit dem ich mich nicht anfreunden konnte, also habe ich einiges geändert.“ Vom Songwriter-Ass François Maurin stammt der letzte Track Rendez-vous dans une autre vie, das überschwänglichste Stück des Albums.
Die erste Single-Auskoppelung Pourquoi vous? ist eine Kollaboration mit dem französischen Star Calogero. Der Text des Songs kam Hardy quasi zugeflogen, trotz seiner „leicht teuflischen“ Geschwindigkeit und Form. Er ist einer der originellsten auf dem Album, mit seinen abgespeckten Versen und dem exquisiten Streicher-Arrangement. „Klavier und Streicher – die Kombination ist mir am liebsten, aber ich hätte niemals gedacht, ein komplettes Album so aufzunehmen, geschweige denn eine so große Anzahl von Streichern zu benutzen. Das habe ich seit den Siebzigern nicht mehr gemacht.“
L’amour fou ist zweifelsfrei eine der größten Heldentaten von Françoise Hardy und fällt zufällig mit dem 50. Jahrestag der Veröffentlichung ihrer ersten Single zusammen. „Jubiläen haben mich nie sonderlich interessiert, aber ich bin froh, dieses Datum mit einem Album zu feiern, das mich wahrheitsgetreuer reflektiert als jeder meiner bisherigen Arbeiten. Es ist ein bisschen wie ein Bericht über mein bisheriges Leben und hat die meisten meiner Texte inspiriert“, bekennt sie leise.