Vassilis Papadopoulos – Medlantic Jazz Project – Salty Water

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Vassilis Papadopoulos – Medlantic Jazz Project – Salty Water

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SaltyWater_MedlanticJazzProject (Orfeas, VÖ: 20.11.2015)

„Ich spiele oft mit Klangfarben, um eine größere Vielfalt zu kreieren“, beschreibt der Komponist, Trompeter und Schlagzeuger Vassilis Papadopoulos eine wesentliche Facette seiner Musik. Nachdem er sich über zwei Dekaden vor allem mit Klassik beschäftigt hatte, kam der in Hamburg ansässige Grieche 2010/11 wieder auf seine „Jugendliebe“, den Jazz zurück. Er schrieb neue, global inspirierte Stücke und gründete das Medlantic Jazz Project, an dessen Debütalbum Amaryllis unter anderem Saxophon-Star Bill Evans beteiligt war. Zwar lässt Papadopoulos seine weit- und weltläufigen Erfahrungen nun auch in die Stücke von Salty Water einfließen, insgesamt wirkt das zweite Album aber fokussierter, bewegt sich noch konsequenter auf dem Terrain des Jazz. „Natürlich nutze ich auch Stilelemente aus Klassik oder Folk“, erklärt er, „aber eben nicht in typischen Melodien oder durch den Klang originärer Instrumente. Sondern eher hintergründig, auf der rhythmischen Ebene.“ So lassen sich etwa am Anfang des Titels Between Spain And Greece Bezüge zum Flamenco ausmachen, während das Ende des Stücks den 3/4-Takt eines griechischen Tanzes adaptiert. In fünfeinhalb Minuten schließt der Komponist hier einen mediterranen Kreis, der für ihn musikalisch und biografisch bedeutsam, aber keineswegs alles ist.

Schon als Jugendlicher entwickelte Vassilis Papadopoulos eine Liebe zum amerikanischen Jazz. Was sonst hätte ein angehender Trompeter, der sich Anfang der sechziger Jahre vor allem für freie, improvisierte Musik interessiert, auch sonst hören sollen? Damals wohnte Papadopoulos in Athen, spielte in Bars und gewann mit 19 Jahren bei einem landesweiten Wettbewerb ein Stipendium in Manchester. Von dort ging er an die Hochschule in Hannover, wo er nach einer Weile von der Trompete zu klassischem Schlagzeug wechselte und darüber hinaus Klavier und Harmonielehre studierte. Heute charakterisiert etwa das Stück Sunday Walk Papadopoulos’ transatlantisches Bewusstsein. Er hat es bei einem seiner Aufenthalte in USA geschrieben, „trotzdem reflektiert der Basslauf, auf dem der Beat aufbaut, griechische Einflüsse.“

Als Vassilis Papadopoulos das Medlantic Jazz Project initiierte, fand er seine musikalischen Partner in New York. „Ich ging davon aus, dass dort die richtigen Leute sitzen, weil sie den Jazz einfach verinnerlicht haben“, erklärt er. „Am wichtigsten war mir der Schlagzeuger, denn ohne seinen Groove hätte das Projekt gleich einpacken können. Zudem sollte er verschiedene Stile beherrschen.“ Sich selbst ans Schlagzeug zu setzen, kam Papadopoulos nicht in den Sinn, lieber konzentrierte er sich auf Kompositionen und Arrangements. In Joel Rosenblatt (Spyro Gyra, Michel Camilo, Paquito D’Rivera, Mike Manieri, Randy Brecker, Lee Ritenour u.a.) fand Papadopoulos den für sein Projekt idealen Drummer, zumal der erfolgreiche Amerikaner weitere Musiker kontaktierte und als Co-Produzent mitwirkte. Waren anfangs gleich drei Saxophonisten involviert, spielt auf Salty Water allein Bob Franceschini, der bereits mit Mike Stern, Paul Simon, Tito Puente, Eddie Palmieri, The Yellowjackets u.a. im Studio oder auf Tournee war. Auch die übrigen Musiker gehören zu den Top-Akteuren der New Yorker Szene, etwa Gitarrist Vinny Valentino (Victor Bailey, Peter Erskine, John Pattitucci, Randy Brecker, George Benson, Chick Corea u.a.). Keyboarder Clifford Carter begleitet häufig Popstars wie James Taylor, Bryan Ferry oder Paul Simon, hat aber auch schon bei Herbie Man und Bill Evans gespielt.

„In der Zeit, als das erste Album entstand, bin ich viel durch die Welt gereist und habe immer die Musik vor Ort gehört“, erzählt Papadopoulos, „deswegen enthielt Amaryllis auch Erinnerungen an karibische und südamerikanische Musik. Salty Water ist nun homogener, seine Einflüsse liegen geografisch und stilistisch etwas näher beieinander.“ Funk und Fusion sind Eckpfeiler so mancher aktuellen Stücke, dazwischen finden sich kleine, feine Details, nicht nur die oben erwähnten europäischen Bezüge. Das Saxophon moduliert mit eleganter Kraft und gezielter Heiserkeit, wirbelnde Drums und treibender Bass setzen druckvolle Akzente, die Akustikgitarre spielt eine romantische Melodie, die wiederum vom Klavier aufgegriffen und weitergedacht wird. Wahwah-Gitarre und Synthesizer flirten mit der Funkjazz-Geschichte, ebenso wie manche kantigen Bläsersätze.

Am 25.10.1944 wurde Vassilis Papadopoulos 80 Kilometer nordwestlich von Patras geboren. Sein Vater spielte nebenberuflich, aber passioniert diverse Blasinstrumente und brachte dem 10-jährigen Vassilis die ersten Trompetentöne bei. Kein Jahr später stieg der Schüler in die örtliche Brassband ein. „In Griechenland heißen solche Ensembles Philharmoniki“, erklärt Papadopoulos, „nur mit Bläsern und Schlagzeug paradieren sie bei Feiern und offiziellen Anlässen durch die Straßen.“

Am 1. Januar 1965 um 10.33 Uhr kletterte Papadopoulos, von Manchester kommend, in Hannover aus dem

Zug. „Ich hatte hier mehr Möglichkeiten gesehen, mich als Musiker zu entwickeln“, erinnert er sich an seine Entscheidung für die niedersächsische Hochschule. Einige Zeit später, mittlerweile an der Hamburger Universität eingeschrieben, gründete Papadopoulos ein Quartett, mit dem er bundesweit tourte und ebenso Jazz wie Popcovers spielte. „Als ich eines Nachts um drei fast am Schlagzeug einschlief beschloss ich, statt dieser Art von Partymusik lieber etwas anderes zu machen“, blickt er lachend zurück. Er arbeitete sich tiefer in die Klassik ein und fand Engagements in diesem Genre. Papadopoulos wirkte an Opernhäusern in Lübeck, Kassel und Mannheim, spielte als Solo-Perkussionist beim NDR Sinfonieorchester in Hamburg. Währenddessen ließ ihn der Jazz nie los, griff er immer wieder zur Trompete, um mit befreundeten Musikern zum Spaß aufzutreten.

Salty Water zeigt, dass Vassilis Papadopoulos bis heute seine Freude am Jazz bewahrt hat. Selbstverständlich reflektieren die aktuellen Stücke seine lange und vielfältige Geschichte, ebenso die Souveränität eines Komponisten, der frei von allen Zwängen seiner Intuition und Leidenschaft folgen kann. Die Interpretationen der versierten New Yorker Musiker und ihre pointierten Improvisationen verleihen den Stücken Verve und Emphase. Vassilis Papadadopoulos hat übrigens schon wieder neue Pläne: derzeit arbeitet er an einer Tournee seines Medlantic Jazz Project in Europa.

Line up:
Vassilis Papadopoulos: composer
Joel Rosenblatt: drums
Bob Franceschini: soprano- & tenor-sax, alto-flute
Don Harris: trumpet & flugelhorn
Clifford Carter: keyboards
Vinny Valentino: e- & acoustic guitar
Dave Anderson: bass
David Charles: percussion

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