C̩cile Verny Quartet РMemory Lane (CD+DVD)

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C̩cile Verny Quartet РMemory Lane (CD+DVD)

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CécileVernyQuartet-MemoryLane (Jazzhaus Records, VÖ: 14.11.2014)

Nach 25 Jahren weltweiter Erfolge krönt das Cécile Verny Quartet seine Laufbahn mit einer grandiosen Rückschau: An einem heißen Pfingstmontag schenkten die vier Musiker dem Pu-blikum eine aufregende silberne Jubiläumsfeier auf der Bühne des Jazzhaus Freiburg. Zwei fulminante Geburtstagskonzerte, die nun als Mitschnitt auf CD und DVD vorliegen.

Ereignisreich ist er gewesen, der Weg des Cécile Verny Quartets (CVQ), während des Vierteljahrhunderts seines Bestehens. Als die junge Sängerin ivorischer Herkunft Ende der Achtziger aus Frankreich nach Freiburg zieht, hat sie den Jazz für sich fast zufällig entdeckt, und sie wagt schon einen damals noch pio-nierhaften Brückenschlag zwischen französischen und englischen Texten. Erst im Duo, dann in Triobe-setzung lotet sie Standards im Modern Jazz und Blues aus, parallel entsteht schon eigenes Material. 1989 schält sich mit dem Bassisten Bernd Heitzler als kongenialem Partner die Quartettbesetzung heraus, die fortan unter dem knackigen Kürzel CVQ firmiert.

Eine erste CD veröffentlicht man 1992, und in den folgenden zwei Dekaden erspielt sich der Vierer, dem heute Pianist Andreas Erchinger und Schlagzeuger Lars Binder angehören, einen globalen Ruf. Von Paris bis Nairobi, von Antibes bis Asmara geht die Bühnenroute, von Südafrika bis Lettland. Acht CDs begleiten die erstaunliche Karriere, und diese reichen von Afro-Farben („Métisse, 1999 und „Kekeli“, 2001), in de-nen Verny ihr Erbe reflektiert, über delikate Jazzlyrik auf Französisch („Amoureuse“, 2008) bis hin zu raffi-nierten, rockig-souligen Tönen, die das letzte Album „Fear & Faith“ (2012) prägen. Die Deutsche Schall-plattenkritik ist begeistert von den Qualitäten des CVQ und krönt die 2006er-Produktion „The Bitter & The Sweet“, die Jury beim Festival in Antibes verleiht dem Quartett den Grand Prix. Zahlreiche Rundfunkmit-schnitte flankieren die abwechslungsreiche Arbeit der drei Herren und ihrer Frontdame. Heute kann das Quartett auf 78 Eigenkompositionen und 8 CDs verweisen.

Nun, mehr als eine Dekade nach dem bislang einzigen DVD-Dokument beim Jazzfestival Antibes, lässt sich die famose Live-Atmosphäre eines CVQ-Konzerts – zumal dieses ganz speziellen – sowohl in Bildern als auch Tönen wieder nacherleben. Die Auswahl des Repertoires gründet auf der Idee des Bassisten Bernd Heitzler, noch einmal auf verschiedene „Orte“ zurückzublicken, die die Band auf ihrer 25-jährigen Reiseroute besucht hat – eine „Memory Lane“ in Klängen. „Wir kamen auf eine relativ emotionale und intuitive Weise zu einem Pool von Titeln, die fest verwurzelt im Jetzt sind und zugleich den Weg in die Vergangenheit des CVQ zeichnen“, erklären die Musiker. Jedes ausgewählte Stück stellt für die Band einen Ort dar, der auch heute noch zum Verweilen und zur Neuerkundung einlädt. „Sehr spannend ist für uns, wie stark sich manche Titel entlang des Weges im Vergleich zu früher gewandelt haben. Andere dagegen erscheinen nahezu wie ein Déjà Vu und besitzen trotzdem knisternde Aktualität.“

Bis zum Album „“Kekeli“ führt die „Memory Lane“ während des Liveauftritts zurück, der immer wieder durch seine stilistische Vielfalt verblüfft und Begeisterungsstürme im Publikum entfacht. Zwischen dem Auftakt „Wild Heart Of The Earth“ mit seinem bluesigen Swing, einer grandiosen Scat-Einlage Vernys und einem markanten Soloflug von Heitzler, bis zur reizenden Bossa-inspirierten Zugabe „J’aime l’idée“ erle-ben die Zuhörer das CVQ in Hochform. Da ist die rockig schiebende Nummer „No ID“ mit Andreas Erchin-gers Piano-Explosion, die großartige, hymnische Soulballade „How Do I Love Thee“ mit weitem dramatur-gischem Atem und der rhythmisch raffinierte, melodisch kokette Liebesabschied „Amoureuse“. Ihren gan-zen vokalen Range kostet Verny in der tiefen, von fast archaischen Bluestönen getragenen William Blake-Vertonung „On Another’s Sorrow“ als intime Zwiesprache mit Bernd Heitzler an der Bassgitarre aus, ebenso im intensivem Gebet „Humming“.

Mit Tom-Tom-Gewitter leitet Lars Binder „As Soon As They Have All Aligned“ ein, gibt dann an ein melo-disch überfließendes E-Bass-Solo ab, und lässig groovend kommt der „Smooth Ride“ daher. In „I Am Bro-ken“ zeigt Verny, welche eine fantastische Stimmendramaturgie sie zaubern kann, im erdig stampfenden „Snow Falling“ wechselt sie gar mühelos von der Rockröhre zu einem jazzigen Scat. Als melancholisch-delikate Rückbetrachtung begeistert „The Bitter & The Sweet“ mit glimmender Fender Rhodes-Einlage: „I’m walking down memory lane…“, so der Chorus des Stücks, das der Live-Scheibe somit auch ihren Titel gegeben hat: Bittere und süße Momente zusammen ergeben das vielschichtige Gesamtbild einer erstaun-lichen Karriere, was nochmals durchs Finale bekräftigt wird – denn „To Thomas Butts“ führt gar noch ins Gospel-Terrain.

Die „Memory Lane“, die das CVQ an diesem denkwürdigen Pfingstfest beschritten hat, birgt in jeder einzelnen Station großartige Musikalität, ungebremste Spielfreude, tiefen Soul und improvi-satorischen Erfindungsreichtum. Mit diesem Mitschnitt untermauern Cécile Verny und ihre drei Mitstreiter einmal mehr, dass sie im europäischen Jazz unserer Tage auch live zu den führenden Kräften zählen.