Christina Pluhar – Los Pájaros Perdidos

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Christina Pluhar – Los Pájaros Perdidos

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Pluhar - Los Pajaros Perdidos (EMI Classics, VÖ: 20.01.2012)
Von wegen „Alte Musik“! Wenn Christina Pluhar als Leiterin ihres Ensembles L’ Arpeggiata zur Theorbe greift, klingen jahrhundertealte Ba-rockpartituren hinreißend tempera-mentvoll, frisch und sinnlich. Pluhars fantasievolle Improvisationen lassen die Musik zu wahren Klangfesten wer-den, die die Szene des authentischen Musizierens revolutioniert haben. Je-des neue Projekt der vielfach preisge-krönten Künstlerin wird mit Spannung erwartet. So auch ihre musikalische Reise durch die Musik Lateinamerikas, die sie mit ihrem Ensemble und dem Star-Counter Philippe Jaroussky un-ternimmt. Die CD bietet in einer Deluxe-Edition mit Buch eine aben-teuerliche Klangreise für alle Sinne

Es ist vor allem das barocke und damit eng verbundene Volksmusik-Erbe Vene-zuelas und Paraguays, das Christina Pluhar temperamentvoll ausbreitet – und das den heutigen Hörer verblüfft: Es waren Flamencos, Fandangos, Boleros und viele andere Formen spanischer Tanz- und Liebeslieder, die die Ein-wanderer mitbrachten. So ist es kein Wunder, dass sich sogar Melodien des spanischen Barockkomponisten Antonio Soler wie des Tango-Nuevo-Meisters Astor Piazzolla nahtlos in Christina Pluhars Latin-Sound fügen, der von den verschiedenartigsten Zupfinstrumenten geprägt ist: Psalterion, Barockharfe, Barockgitarre, Erzlaute, die spanisch-südamerikanische Gitarre Cuatro und viele andere sorgen für überbordend ekstatische aber auch sinnlich-atmosphärische Begleitung eines reichen Gesangsensembles – darunter der Countertenor Philippe Jaroussky.

Südamerikas ‘lebendiger Barock’ im Schmelztiegel der Kulturen Wenn man zunächst die zahlreichen Formen und Arten der heute bestehenden Zupfinstrumente Südamerikas betrachtet, so sticht ins Auge, dass sich diese Instrumente von den barocken Formen dieser Instrumententypen, im Gegensatz zu den heutigen europäischen Nachfahren dieser Instrumententypen, sehr wenig unterscheiden.
Vor der Kolonialisierung Südamerikas durch die Spanier waren Zupfinstrumente in der indianischen Kultur nicht vorhanden. Die südamerikanischen Instrumente wie der arpa llanera, cuatro, bandolin, charango, jarana und dem requinto sind direkte Nachkommen von aus Spanien importierten Instrumenten wie Laute, Barockgitarre und spanischer Renaissanceharfe. Die in Südamerika heute gebräuchlichen Instrumente sowie ihre Spieltechniken haben sich über die Jahrhunderte lokal entwickelt und den Gesängen, Tänzen und Rhythmen angepasst, aber ihre eigentliche Herkunft ist nach wie vor unverkennbar.
Betrachtet man die Entstehungsart und harmonische Struktur südamerikanischer Tänze und Gesänge, so kann man generell feststellen, dass diese in Melodik und Harmonik barocken Modellen nahe stehen. Auch rhythmische Elemente, wie die barocke Hemiole und Elemente aus dem Flamenco sind präsent. Fast alle Musikformen haben in Südamerika eine Polyrhythmik entwickelt, die auf Kreuzungen dreier Kulturen, – der indianischen, spanischen und afrikanischen Kultur und Musik –, zurückzuführen ist. Tanz und Gesang bilden eine Einheit, die sich erst im 20. Jahrhundert zu getrennten Kunstformen herauskristallisiert hat. Harmonisch hat sich hauptsächlich Argentinien am stärksten von den barocken harmonischen Modellen abgewandt, obgleich auch in den modernen Musikformen Argentiniens traditionelle rhythmische Grundmuster weiterhin zu vermerken sind.

Arpa llanera Die arpa llanera ist eine diatonische Harfe und stammt von der spanischen Renaissanceharfe ab, die im 16. Jahrhundert von den Spaniern nach Südamerika importiert wurde. Ihre Bauweise hat sich seit dieser Zeit nicht wesentlich verändert, doch die Spieltechnik hat sich mit den afrikanischen und indianischen Elementen, die in die Musik Venezuelas einflossen, entwickelt. Die Spieltechnik verwendet rhythmische sowie perkussive Elemente und ist von erstaunlicher Virtuosität. Einige dieser Spieltechniken sind heute fester Bestandteil sowie rhythmische und strukturelle Grundlage des joropo.
Das bordoneo ist eine rhythmische Improvisation auf den Basssaiten der arpa llanera, die normalerweise nur von Akkorden im Diskantregister der Harfe, Perkussionen, kurzen Schlägen der maracas, sowie den trancados des cuatro begleitet wird.
Das bandoleao ist ein Abschnitt in der Improvisation, der im Tenorregister der Harfe gespielt wird, und den Klang den bandola imitieren soll. Dabei werden die Saiten ganz oben, nahe den Wirbeln, angezupft und mit dem Handballen sofort abgedämpft, was einen nasalen Klang erzeugt und rhythmische Impulse erzielt. Dieser Improvisationsabschnitt ist in der Regel sehr intensiv und Höhepunkt des Stückes und wird von rhythmischen Antworten der maracas und des cuatro kommentiert.
Preludios sind kurze, improvisatorische Einleitungen, die meist in rhythmisch freier Form den harmonischen Zyklus des darauf folgenden golpe zitieren.

Cuatro Das cuatro ist eine kleine, viersaitige Gitarrenart, die sich aus der spanischen Renaissancegitarre sowie der portugiesischen cavaquinho ableitet. Das cuatro ist von enormer Wichtigkeit in der Exekution des joropo, da es sowohl harmonisch als auch rhythmisch die strukturelle Basis des jeweiligen Musiktypus schafft. Die Stimmung ist dieselbe, wie die der spanischen Renaissancegitarre, mit dem Unterschied, dass die erste Saite eine Oktave tiefer gestimmt ist. Die Haupttechnik des cuatro ist das rasgueo, bei der alle vier Saiten gleichzeitig geschlagen werden. Die rechte Hand spielt dabei einen kontinuierlichen 6/8 Rhythmus in verschiedenen Kombinationen. Für melodische Improvisation wird auch ab und zu das punteado eingesetzt. Im rasgueo unterscheidet man zwei Techniken.
Abierto bedeutet, dass man die Saiten nach Anschlag klingen lässt.
Trancado heißt, dass man die Saiten sofort nach Anschlag mit dem Handballen abdämpft, wodurch eine perkussive Wirkung entsteht. Die Kombination dieser beiden Schlagtechniken mit unterschiedlichen Akzenten charakterisiert die verschiedenen Musikstile.
Im golpe corrido kommen die akzentuierten Schläge des trancado auf dem dritten und sechsten Achtel und bilden zusammen mit den maracas und der rechten Hand der Harfe die clave ritmica.
Im golpe de seis ist die Akzentuierung völlig anders, auch wenn der Grundrhythmus derselbe ist. Der harmonische Wechsel findet nicht am Taktanfang. Maracas und trancado betonen das erste und vierte Achtel. Der erste Schlag wird oft durch einen trancado mudo gespielt, wobei lediglich ein rhythmischer Impuls erzeugt wird, die Saiten aber nicht zum Schwingen werden und der Harmoniewechsel dadurch verzögert wird.
Diese Variation in der Spieltechnik und im Rhythmus ist von entscheidender Bedeutung beim Spiel der verschiedenen golpes llaneros.

Charango Die charango ist ein sehr kleines Zupfinstrument aus den südamerikanischen Anden. Die Wurzeln der charango vermutet man in der bolivianischen Silberstadt Potosí im südlichen Zentral-Bolivien im 16. Jahrhundert, als Menschen aus aller Welt in dieser Stadt zusammen kamen und Instrumente aus Spanien mitbrachten. Die charango ist ursprünglich nicht südamerikanisch, da man in vorspanischer Zeit keine Saiteninstrumente kannte, sondern wurde wie alle Zupfinstrumente Südamerikas von den Spaniern importiert.
Als Resonanzkörper wurde ursprünglich der getrocknete Panzer eines Gürteltieres verwendet wurde. Heutzutage wird der Resonanzkörper überwiegend aus Holz gebaut.
Die gebräuchlichste Stimmung des charango tipo ist sol-do-mi-la-mi. Die mittleren Saiten sind also unterschiedlich gestimmt, ein hohes und ein tiefes e, die obersten beiden g, dann die vierten mit a, die zweiten mit c und die unteren wieder mit einem hohen e.
Grundtechnik ist eine rhythmische Schlagtechnik, bei der alle Saiten gemeinsam als gespielt werden, aber auch eine virtuose Zupftechnik ist Bestandteil der Spieltechnik. Heute wird die charango nicht nur in Bolivien, sondern auch in Argentinien und Peru gespielt.

Der Joropo Der joropo ist ein Musikstil, der in den Andenausläufern zwischen Kolumbien und Venezuela im zentralen Becken von Orinoko entstanden ist. Seine Wurzeln liegen in der Mitte des 18. Jahrhunderts, als die venezolanischen Bauern das Wort joropo als Ersatz für fandango benutzten. Musikalisch vermischen sich im joropo spanische und afrikanische Einflüsse.
Der joropo (oder auch guafa, wie er von den Llaneros genannt wird) ist eine musikalische Form, die über feste Strukturen angelegt ist und auf denen sich die freien rhythmischen und melodischen Improvisationen der Solisten entfalten können. Er kann sowohl gesungen als rein instrumental ausgeführt werden und lebt vom ständigen Wechsel zwischen binären und ternären Rhythmen, die entweder als gleichzeitige polyrhythmische Kombination oder im Wechsel zu hören sind.
Die üblicherweise verwendeten Instrumente sind die arpa llanera oder bandola, das cuatro und die maracas. Während das cuatro die Harmonie im 6/8 Rhythmus schlägt, spielt die maracas sowie das hohe Register der Harfe einen ¾ Takt. Das Bassregister der Harfe setzt dazu rhythmische Gegenakzente, die hemiolisch in 3/2 gehalten sind. Diese polyrhythmische Widersprüchlichkeit und Lebendigkeit ermöglicht den anderen Instrumenten und dem Sänger darüber frei sowohl rhythmisch als auch melodisch zu improvisieren.
In der rhythmisch synkopierten Melodie erkennt man den Einfluss der afrikanischen Sklaven und in der Verwendung der maracas sind die Spuren der Indios zu bemerken.
Der joropo ist nicht nur ein Musikstil, sondern auch ein Tanz, der in jeder Region seine eigene Form annimmt, aber auf drei Grundschritten basiert.
Die drei wichtigsten Tanzfiguren des joropo sind el valsiao, el escobillao und el zapatiao. Im valsiao umfassen sich die Tanzpaare leicht, durchlaufen die Tanzfläche und drehen spiralförmige Runden. Im escobillao stellt sich die Tänzerin frontal hin und bewegt die Füße rhythmisch von der Hacke zur Spitze. Der zapatiao ist eine männliche Tanzart in der die feurigen Schritte des Mannes im Gegensatz zu denen der Frau zu hören sein müssen.
Man unterscheidet zwischen drei Hauptrichtungen des joropo.
In Guayana, im westlichen Zentrum von Venezuela und in den Anden findet man den joropo llanero, der von einer mit Nylonsaiten bespannten arpa llanera, dem cuatro und den maracas begleitet wird.
Der joropo central wird mit der arpa central (oder arpa mirandina), einer mit Metallsaiten bespannten Harfe, und den maracas gespielt. Das cuatro, im joropo llanero von zentraler Bedeutung, wird im joropo central von Gesang abgelöst.
Im joropo oriental kommen andere Instrumente, wie Gitarre, die Mandoline, oder das cuerata, ein Akkordeon europäischen Ursprungs, hinzu.
Die ständige Entwicklung und Improvisation von rhythmischen und melodischen Figuren sind ein Merkmal des joropo. Die Sänger improvisieren Verse auf den bestehenden Modellen immer neu, die Instrumentalisten drücken ihre Kreativität und Virtuosität durch komplizierte rhythmische Improvisationen aus.
Seit 1882 ist der joropo der venezolanische Nationaltanz. Das bekannte Lied Alma llanera ist ebenfalls ein joropo und gilt als inoffizielle Nationalhymne Venezuelas.

Der Pajarillo Der pajarillo, ein golpe llanero, ist einer der raffiniertesten Musikformen der kolumbianisch-venezolanischen Folklore ist, und in dem sich die Virtuosität der Interpreten auf Grund des rasanten Grundtempos am besten erkennen lässt.
Wie auch die anderen golpes llaneros, liegt dem pajarillo eine harmonische Struktur zugrunde, die nicht moduliert. Die harmonische Sequenz ist eine Passacaglia in einer Molltonart, im Sinne der ursprünglichen Passacaglia der spanischen Renaissance (Dominante – Tonika –Subdominante– Dominante).
Der Sänger beginnt seinen Gesang – gleich einem Ruf – mit einer lang anhaltenden Note, der tañío (oder bei den Llaneros auch leco) genannt wird. Die Reinheit, Länge und Lautstärke dieses ersten Tones signalisieren den Zuhörern die Qualität des Solisten. Der Ton eröffnet den rhetorischen Vortrag und soll die Zuhörer herbeiholen. Die melodische Improvisation des Sängers ist im mixolydischen Modus gehalten, und der Sänger synkopiert den Text auf einer polyrhythmischen Begleitstruktur.

Der kolumbianisch/venezolanische joropo und der mexikanische fandango Der joropo, eine alte kolumbianisch/venezolanische Tradition aus dem Orinoko Becken und der fandango jarocho aus den Küstenebenen im Süden von Mexiko teilen beide starke gemeinsame Wurzeln. Diese beiden Latein-amerikanischen Traditionen sind auf die barocken, spanischen Fandangos, Folias, Malagueñas und Peteneras, sowie auf einige Formen des Flamenco zurückzuführen. Der son jorocho und der fandango sind Kreuzungen dreier Kulturen, die im kulturellen Schmelztiegel Karibik ineinander flossen: der indianischen, spanischen und afrikanischen Kultur und Musik.
Bis ins 18. Jahrhundert wurde der joropo in Venezuela als fandango bezeichnet.
Das Wort jarocho bezeichnet ursprünglich ein Kind eines afrikanischen Mannes und einer mexikanisch-indanischen Frau und wurde später Begriff einer Musikform im Süden Mexikos, die in sich diese kulturellen Elemente vereint.
Der venezolanisch/kolumbianische joropo ist nicht nur die Bezeichnung einer musikalischen Form, sondern eines Volkfestes mit Musik, Tanz, Poesiewettbewerben und Gesang.
Der mexikanische fandango jarocho ist ebenfalls eine musikalische Form, die in tagelangen Festen zelebriert wird und Poesiewettbewerbe, Lieder und Zapateado-Tänze beinhaltet.
Die gemeinsamen Merkmale sind unerkennbar, wenn auch jede Musikform seine authentischen, lokalen Eigenheiten entwickelt hat.
In den ländlichen Gemeinden der Orinoko Beckens wird der joropo noch immer als Dorffest betrachtet; in den Städten zählt heute mehr der musikalische Inhalt, der sich in den letzten fünfzig Jahren Dank zahlreicher Festivals, Radiosendungen, CD-Aufnahmen und musikalischen Wettbewerben vom ruralen Charakter zu größter Virtuosität gesteigert hat.
Sowohl der joropo als auch der fandango jarocho beinhalten einen Sängerwettstreit zwischen zwei Solisten, die nicht nur musikalisch improvisieren, sondern auch strophische Verse improvisatorisch im Wettstreit erfinden.
Der fandango jarocho hat seine Wurzeln im europäischen Fandango und wurde im 18. Jahrhundert aus Spanien nach Mexiko importiert. Er basiert bis heute auf demselben harmonischen Muster wie der barocke Fandango, der in Europa allerdings nur instrumental überliefert ist. Der mexikanische fandango jarocho wird gesungen und hat rituellen Charakter. Seine einfache harmonische Form dient dem Sänger als Basis für immer neue Improvisation.
Auch die Instrumente beider Kulturen sind untereinander verwandt und alle auf spanische Barockinstrumente zurückzuführen. Das venezolanische cuatro hat fast die gleiche Form, Größe und musikalische Rolle wie die mexikanische jarana, die nur ein paar Zentimeter größer ist. Beide Instrumente werden mit rasgueo Technik bespielt. Der requinto jarocho und die leona erinnern an das venezolanische/kolumbianische Äquivalent, die bandola. Die Harfe ist jeweils in beiden Traditionen von größter Wichtigkeit. Die venezolanische Harfe ist leichter und etwas schärfer im Ton, doch die mexikanische Harfe ist dennoch identisch mit seinem Cousin in Form und musikalischer Bedeutung. Sie spielen beide ähnlich rhythmische Muster und vergleichbare harmonischen Zyklen.
Der Unterschied liegt im Tempo und im Charakter:
Der mexikanische jarocho ist entspannter und die Liedtexte erinnern an des spanischen Siglo de Oro. Die Instrumente haben Begleitfunktion zum Sänger und den gesungenen Geschichten.
Im joropo hingegen steht die Virtuosität der Instrumentalisten im Vordergrund und die Liedtexte handeln oft von lokalen Geschichten.
Musikalisch findet man Anklänge an die mexikanische Siquisirí im venezolanischen Seis por derecho, der mexikanische Buscapiés ist dem venezolanischen Seis numerao verwandt, die mexikanisch/spanische Petenera erinnert uns an den venezolanischen Polo Margariteño, der mexikanische Cascabel an den venezolanischen Pajarillo.
Trotz deutlicher Unterschiede dieser beiden Traditionen haben sie doch sehr viele Elemente gemeinsam und die Wurzeln in der Renaissance und der Barockzeit Europas sind unübersehbar. Obwohl beide Traditionen sich im kulturellen Schmelztiegel der Karibik in lokaler Perfektion zu dem entwickelt haben, was sie heute darstellen, kann man sie doch beide als « lebendiges Barock » bezeichnen.

Polo Der polo ist eine Musikform, die aus dem oriente venezolano, der Stadt Coro im Staate Falcón stammt. Der polo margariteño hingegen wird auf der Insel Margarita gespielt. Er ist entweder im 3/4 oder 6/8 Takt, bzw. in einer polyrhythmischen Kombination davon gehalten. Das Grundtempo ist moderat, und der Text in Dezimen gehalten. Sein harmonischer Aufbau ist ähnlich der barocken spanisch/italienischen Romanesca des 17. Jahrhunderts, deren harmonisches Muster auch noch in der traditionellen Musik Mexikos weiterhin lebendig ist.

Zamba Der zamba ist ein majestätischer Paartanz, bei dem sich die Paare mit einem Taschentuch umkreisen. Er wurde traditionell von einer Gitarre und dem Perkussionsinstrument mit Namen bombo legüero begleitet, das sich aus der europäischen Militärtrommel des 18. Jahrhunderts entwickelte. Die bombo legüero ist heute noch, – genau wie die barocke Trommel –, mit einer Tierhaut bespannt und ist in der argentinischen Folklore für die Begleitung der zambas und chacareras von entscheidender Bedeutung.
Der Name zamba war ursprünglich der Name für ein mestizo (ein Kind einer Ameroindianerin und eines Europäers). Der Tanz stammte ursprünglich aus Peru und ist dort unter dem Namen zamacuenca seit dem 18. Jahrhundert bekannt. Als 1824 Peru seinen Unabhängigkeit erhielt, verbreitete er sich nach Bolivien, Chile und Argentinien. Der zamba ist heute argentinischer Nationaltanz.

Bolero Ein typischer Bolero besteht aus zwei oktosyllabischen Vierzeilern, die jeweils ihre eigene, zwei Zeilen umfassende und dann wiederholte Melodie haben. Der zugrunde liegende Rhythmus war ursprünglich der cinquillo des Danzón, eines Tanzes, der sich aus dem französischen contredanse des 17. Jahrhunderts entwickelt hatte. Beim Aufstand gegen die französische Kolonialmacht 1791 auf Haiti flüchteten viele schwarze Landarbeiter auf die Nachbarinsel Kuba und brachten die Musik und ihre dazugehörigen Tänze mit (z. B. das Menuett und den Rigodon). Von Kuba gelangte der Tanz nach Mexiko, wo er begeistert aufgenommen und weiterentwickelt wurde.
Der Bolero Bésame mucho wurde 1940 von der damals sechzehn-jährigen Mexikanerin Consuelo Velázquez komponiert. Sie gab an, zu diesem Zeitpunkt noch nie geküsst geworden zu sein…

Duerme Negrito Dieses Schlaflied kommt ursprünglich aus der Grenze von Venezuela und Kolumbien und wurde von Atahualpa Yupanqui im 20. Jahrhundert nach Argentinien gebracht.

Alfonsina y el Mar Dieser zamba wurde vom argentinischen Komponist Ariel Ramírez geschrieben, der auf Raten seines Mentors Atahualpa Yupanqui den Norden und Osten Argentiniens besuchte, um die traditionellen Rhythmen der argentinischen Folklore zu studieren. Der Text wurde von seinem Freund, dem Dichter Félix Luna, verfasst.
Das Lied ist eine Hommage an die Dichterin Alfonsina Storni, eine der bedeutendsten argentinischen Dichterin der Avantgarde, die aufsehenerregende feministische Schriften verfasste, aber zeitlebens unter Schicksalsschlägen und Depressionen litt.
Alfonsina Storni wurde 1892 in der Nähe von Lugano geboren, doch die Familie wanderte kurz nach ihrer Geburt nach Argentinien aus, wo sie unter ärmlichen Verhältnissen lebten. Im Alter von 13 Jahren verstarb ihr Vater und sie musste zunächst in einer Hutfabrik arbeiten. 1909 ging sie nach Coronda, unternahm dort eine Ausbildung in einer Lehrerbildungsanstalt und begann zu schreiben. 1917 erhielt sie den Premio Anual del Consejo Nacional de Mujeres für ihren Canto a los niños, 1922 wurde ihr der Argentinische Staatspreis für Literatur zugesprochen. 1933 lernte sie Federico García Lorca in Buenos Aires kennen, dem sie ein Gedicht widmete.
1935 erkrankte sie an Brustkrebs. In den Jahren 1937/38 schieden zudem zwei ihrer besten Freunde, die Dichter Horacio Quiroga und Leopoldo Lugones durch Selbstmord aus dem Leben.
Am 22. Oktober 1938 schrieb sie in einer Pension in Mar del Plata das Gedicht Voy a dormir (Ich gehe schlafen), das sie noch zur Post brachte und das zwei Tage nach ihrem Tod von der Zeitung La Nación veröffentlicht wurde.
Am 25. Oktober 1938 fand Alfonsina Storni am Strand La Perla den Tod im Meer.

Biographie Christina Pluhar
ECHO-Ehren für Christina Pluhar und ihr Ensemble L’Arpeggiata: drei Alben haben sie für Virgin Classics aufgenommen, und alle drei wurden mit einem Klassik ECHO ausgezeichnet. „Wo soll ich mit dem Schwärmen anfangen, wo aufhören?“, hatte sich etwa der Kritiker des Klassikmagazins Toccata gefragt angesichts der ersten Virgin Classics-CD „Teatro d’Amore“, die einen ungewöhnlichen Streifzug durch die Musik Claudio Monteverdis macht und ein Sensationserfolg wurde. Eine barocke Jam-Session, rauschend, schillernd und verschwen-derisch. Spiegel online urteilte: die unverschämteste und lustigste Barock-CD seit Jahren.

Wer die Lobeshymnen über Christina Pluhar und ihr Ensemble L’Arpeggiata liest, mag zunächst nicht auf die Idee kommen, mit welchem Instrument sie solch ungezügelte Begeisterung bei der eher zurückhaltenden Kritikerzunft entfacht. Mit der Harfe nämlich – einem Instrument, dem, verbreiteten Klischeevorstellungen zur Folge, eher Braves, Züchtiges anhaftet.

Aber nicht so, wenn Christina Pluhar in die Saiten greift – übrigens nicht nur die der Harfe. In Graz geboren, studierte sie zunächst Konzertgitarre, entdeckte ihre Liebe zu Renaissance- und Barockmusik und wechselte zur Laute. Das barocke Instrument erlernte sie unter anderem bei Hopkinson Smith an der Alte-Musik-Eliteschmiede Schola Cantorum Basiliensis. Und als ob das noch nicht genug Saiten wären, widmete sie sich parallel dazu noch der Barockharfe – renommierte Größen wie Mara Grassi und Andrew Lawrence-King waren ihre Lehrer. Seit 1999 ist Christina Pluhar neben ihrer Tätigkeit als Interpretin und Ensembleleiterin selbst Professorin für Barockharfe am Königlichen Konservatorium in Den Haag und gibt regelmäßig Meisterkurse an der Universität in Graz.

Kein Wunder, dass die inzwischen in Paris lebende Christina Pluhar seit den 90er Jahren eine der gefragtesten Musikerinnen der Alte-Musik-Szene ist. Als Solistin und Continuo-Spielerin arbeitete sie unter anderem mit Orchestern und Kammermusikensembles wie Hespèrion XXI, dem Ricercar Consort, den Musiciens du Louvre und Cantus Cölln sowie Dirigenten wie Marc Minkowski, Jordi Savall, René Jacobs und Ivor Bolton zusammen.

Im Jahr 2000 gründete Christina Pluhar ihr eigenes Ensemble. L’Arpeggiata heißt die zehnköpfige, vor Experimentierfreude und rauschhafter Musizierlust schier überschäumende Truppe, die seitdem das Publikum in Europa, Südamerika und Australien von den Sitzen reißt. Woran das liegt, ahnt man bereits, wenn man sich die Besetzung von L’Arpeggiata ansieht. Neben barocken Instrumenten wie Harfe, Theorbe und Violine findet sich da unter anderem auch ein alpenländisch-folkloristisches Hackbrett oder eine jazzige Klarinette. Denn auch wenn Christina Pluhar das Handwerk der historischen Aufführungspraxis von der Pike auf gelernt hat – starre Grenzen kennt sie für ihr Musizieren nicht.