Bruno B̦hmer Camacho РThe Colombian Project

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Bruno B̦hmer Camacho РThe Colombian Project

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88843062452_Booklet_colombian_project.indd (Sony Classical, VÖ: 30.05.2014)

Konzerte:
02.06.2014 Freudenstadt, Kreissparkasse
06.06.2014 Weinscheune Kodersdorf
14.08.2014 Münster, Friedenskapelle am Friedenspark
12.11.2014 Helmbrechts, Bürgersaal

Seit mehr als zehn Jahren lebt und arbeitet der 27-jährige deutsch-kolumbianische Jazzpianist Bruno Böhmer Camacho in Deutschland. Mit „The Colombian Project“, dem nunmehr dritten Album unter seinem Namen, begibt sich der virtuose Komponist, der sein Pianospiel auch immer wieder durch seinen einfühlsam-sanften Gesang bereichert, auf eine faszinierende musikalische Spurensuche. Es ist die beeindruckende Vielfalt seiner kolumbianischen Heimat, aber auch die stete Sehnsucht nach Kolumbien, die ihn zu diesem Projekt animiert haben, das er schon seit langer Zeit in seinem Herzen trägt und das er nun mit der landestypischen Leidenschaft und feinem Gespür für die diversen folkloristischen Stile umgesetzt hat. Dabei ist es ihm gelungen, selbst Traditionals, die meist auf Gitarre oder Akkordeon entstanden, kongenial und mit wunderbaren Arrangements für sein Pianospiel zu adaptieren.

Bruno Böhmer Camacho, aufgewachsen in der Millionenstadt Barranquilla an der nördlichen Atlantikküste Kolumbiens, bringt schon von Haus aus enorm viel Talent mit. Sein Großvater, Ángel Maria Camacho y Cano, war ebenfalls ein Komponist und Musiker, und zudem der erste Kolumbianer, der in den USA kolumbianische Musik einspielte und so die Folklore seines Landes nach Kräften förderte. So ist es nicht verwunderlich, dass sich auf dem vorliegenden Album auch drei Kompositionen seines berühmten Großvaters finden, die Böhmer Camacho für sein eigenes musikalisches Universum adoptiert hat. Böhmer Camacho, der das Klavierspiel bereits von Kindesbeinen an von seiner Mutter, der Konzertpianistin Lyra Mercedes Camacho, lernte und mit neun Jahren seine erste eigene Formation (Latin Sampling) gründete, erhielt mit 17 Jahren ein Stipendiat an der Folkwang-Schule in Essen, wo er 2006 als bester Jazz-Student ausgezeichnet und 2008 mit seinem Trio den Preis für das Beste Ensemble gewann.

Es folgten ein Stipendium für die Berklee School of Music in Boston, Engagements in der Berklee All Star Band, bei Cuba Nova, dem European Jazz Ensemble sowie der deutsch-kubanischen Formation Klazz Brothers & Cuba Percussion. Mit seinem Quintett Latin Sampling veröffentlichte er im Jahr 2006 über die mit dem ecuadorianischen Produzenten und Toningenieur Daniel Orejuela Flores gegründete Produktionsfirma Allà das Album „Secrets“. Mit seinen beiden Bandkollegen Juan Camillo Villa (Bass) und Rodrigo Villalón (Schlagzeug) gründete er das Bruno Böhmer Camacho Trio, mit dem er bisher die beiden Alben „Herencias“ (2009) und „Nostalgic Visions“ (2011) veröffentlichte

Den roten Faden des Colombian Projects bildet der enorme folkloristische Reichtum des Landes, das sich auch durch die weltweit zweitgrößte Artenvielfalt auszeichnet. Den Auftakt macht mit „Gallo Mananero“ ein selbstkomponierter Porro, der von der Nordküste stammt. Der Song führt zurück zu seiner Kindheit, als er jeden Morgen vom Hahnenschrei geweckt wurde. Und wie sollte man ein Album schöner beginnen als mit der aufbrechenden Sonne, dem Tagesbeginn, den Bruno Böhmer Camacho in poetische Worte gekleidet hat. Sowohl die beiden melancholischen Walzer „Camino de la vida“, ein für Piano arrangiertes Traditional mit Juan David Restrepo als Gastgitarrist, und „Hortensia“ als auch der pittoreske Pasillo „Inquietudes“ (beide letztgenannten Stücke Kompositionen seines Großvaters) stammen ursprünglich aus dem Landesinneren.

Sehr vital und lebenslustig klingt die dritte Komposition des Großvaters, „Agua Panela“, benannt nach einem Erfrischungsgetränk aus Zuckerrohrsaft und ebenso von der Nordküste stammend wie der entschleunigte Cumbia „Pescador“, ein Traditional, in dem das einfache Leben der Fischer in elegisch-schmerzhaften Klängen zum Ausdruck kommt. Bereichert wird das Stück durch David Orlowskys anmutiges Klarinettenspiel. „Te olvidé“, ein im Chandé-Rhythmus gehaltenes Stück, das die Hymne des Karnevals in Baranquillo ist, wo der zweitgrößte Karnevals Lateinamerikas stattfindet. „Lloraré“, ein Son Vallenato von der Nordküste, ist vom ursprünglichen Akkordeon für Piano arrangiert und eine klassisch-verträumte Jazztrioaufnahme mit Latin-Flair à la Keith Jarrett.

„Recuerdos“, ein sogenannter Joropo aus dem Landesinneren, beruht auf einer weiteren Kindheitserinnerung, einer Reise aufs Land, und soll das einfache Leben auf dem Dorf anschaulich machen, was dem Trio mit der Unterstützung von David Orlowsky an der Klarinette mit Bravour gelingt. „Sin principo y sin final“ ist die gelungene Gratwanderung aus Folklore und Jazz, weist jedoch ebenso Charakteristika des von starken Emotionen getragenen Latin-Pop auf wie „Camino a casa“, eine dem Heimweh nach der Heimat gewidmete Elegie. Bei beiden Songs erweist sich Bruno Böhmer Camacho nicht nur als feinsinniger Songtexter, sondern auch als nicht minder sensibler Sänger. Den Abschluss des Albums bilden mit dem von Eder Hernandez auf der Bombardino verstärkten „A Hidden Bambuko“ und der an der Pazifikküste angesiedelten „Danza AfroColombia“ zwei Stücke, die noch einmal verdeutlichen, dass sich Kolumbiens Folklore nicht nur aus indigenen und europäischen (insbesondere spanischen) Quellen speist, sondern auch aus afrikanischen.

„The Colombian Project“ ist eine höchst abwechslungsreiche und bewegende Hommage an die Vielfalt eines Landes, die dem World Jazz um eine kolumbianisch gewichtete, jedoch im Latin-Feeling weit darüber hinausgehende Facette bereichert. Ein gewichtiger Grund mehr, warum Bruno Böhmer Camacho in seinem Geburtsland zu den 100 wichtigsten im Ausland wirkenden Künstlern gezählt wird. Auch wenn sich das Album weitestgehend an der kolumbianische Folklore orientiert, die hier mit Leichtigkeit und Leidenschaft, mit melancholischen wie heiteren Momenten neu interpretiert wird, stehen die spielerische Verve und Virtuosität von Bruno Böhmer Camacho und seinen musikalischen Begleitern ganz im Zeichen eines bewundernswerten Jazz-Ensembles von internationaler Klasse, dem weiterhin die ganze Welt offen steht.