Hindi Zahra – Hand Made

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Hindi Zahra – Hand Made

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4572500_booklet:HindiZahra Alle Jubeljahre taucht am Firmament der schönen Klänge eine aparte Künstlerin auf, von der bislang nur zu wenigen Menschen die Kunde gedrungen ist, die aber mit einem so bahnbrechenden Werk überrascht, dass ihre Musik bald zum Inbegriff für etwas ganz Besonderes werden könnte. Hindi Zahra trägt nicht nur einen außergewöhnlichen Namen, die 30-jährige Sängerin mit der sanften, leicht melancholischen Stimme legt mit „Hand Made“ eines der wohl außergewöhnlichsten Debütalben vor, die auf Blue Note in den letzten Jahren erschienen sind. Nicht genug, dass die Künstlerin mit den französisch-marokkanischen Wurzeln alle Songs selbst komponiert hat, sie hat sie auch quasi im Alleingang arrangiert und produziert. Hindi Zahra hat sich viel Zeit gelassen für ihr Debütalbum, das mit einer ebenso einzigartigen wie eigenwilligen Mischung aus Blues, World Music, Folk und Jazz aufwartet – spartanisch, verträumt, magisch, intim, vielsprachig, poetisch…

Schon der Opener „Beautiful Tango“, schwermütig und rubinrot wie ein Tokajer, macht gleich hellhörig, weckt sofort die ganze Aufmerksamkeit. Das britische Magazin „The Wire“ will hier die perfekte Symbiose aus Django Reinhardt und Billie Holiday erkannt haben. Tatsächlich spielt Hindi Zahra ihre Gitarre nicht selten wie weltverlorenen Zigeunerblues und fügt ihren mit schlichten Mitteln produzierten Songs immer wieder Elementarteilchen aus verschiedenen Genres bei, die ihnen eine Aura des Geheimnisvollen angedeihen lassen. Ihre Songs lassen stets viel Raum zum Atmen und entfalten dazu die wundersamsten Aromen. „Oursoul“ etwa ist kein englisches Wort, sondern stammt aus der Sprache der Berber und bezeichnet die „Verflossenen“. Das Lied über die unerfüllten Träume eines Mädchens, das zur Heirat bestimmt ist, besitzt die glänzende Patina eines alten französischen Chansons.
Geboren wurde Hindi Zahra in der marokkanischen Provinzstadt Khouribga. Ihr Vater war beim Militär, ihre Mutter eine im Ort beliebte Gelegenheitsschauspielerin und Sängerin. In ihrer Verwandtschaft gab es ebenfalls Musiker, die jene psychedelische Musik der Berber spielten, die man landläufig als Desert Rock’n’Roll bezeichnet. Sie wuchs mit den vielgestalten Klängen des afrikanischen Kontinents auf, von traditioneller Musik der Berber über die Stimmen berühmter Diven wie Cheika Rimitti und Oum Kalsoum bis hin zu Ali Farka Touré und Ismaël Lô. Doch die afrikanischen Wurzeln sind nur ein Zweig in ihrem Geflecht musikalischer Inspirationen. In jungen Jahren folgte sie ihrem Vater nach Paris, wo sie mit 18 Jahren einen Job im Louvre annahm. „Das war mein großes Treffen mit der Kunst. Als Kind war ich nachdenklich und eng mit der Natur verbunden. Die Gemälde haben bei mir ganz ähnliche Empfindungen ausgelöst.“
Doch nichts hat ihre Vorstellungskraft mehr angeregt als Musik. Hindi Zahra hat die „afro-amerikanischen Grooves“ verinnerlicht: allen voran Aretha Franklin, James Brown, 2-Pac und A Tribe Called Quest. Ihre Stimme hat sie als Backgroundsängerin in der reichen Pariser Szene an der Schnittstelle zwischen Soul und HipHop geschult. Eine Solokarriere zog sie erstmals im Jahr 2005 in Betracht, schrieb mitunter 50 Songs in einem Jahr. Zweifellos hat die Autodidaktin ein intuitives Gespür für Rhythmus und Melodie, das spürt man bei fast jeder ihrer Kompositionen. „Jazz ist der einzige Ort, wo ich die Noten meiner Heimat heraushöre. Jazz kommt kreativer Freiheit gleich. Das ist
einfach eine großartige Schule.“ In London, wo sie mittlerweile zeitweilig lebt, begegnete sie Fink, einem Gitarristen der Electro-Szene rund um das Label Ninja Tune. Er gab Hindi den Ratschlag, weiter und intensiv an ihrem Repertoire und an ihrem Stil zu feilen. Das Resultat nach zwei weiteren Jahren hätte kaum perfekter ausfallen können.
„Hand Made“ mag mit seinen elf Songs von insgesamt 40 Minuten ein Album von überschaubarer Länge sein, doch die Tiefe dieses Albums scheint nur schwer zu ermessen zu sein. „Stand Up“, ein Aufruf, auf eigenen Beinen zu stehen, erinnert mit seinem karibisch gefärbten Gitarrenrhythmus an ein weibliches Pendant zu Manu Chao, der mit seinem Global Pop zum internationalen Superstar aufstieg. Gerade „Stand Up“ könnte sehr schnell weltweit bekannt werden, zumal die Western Union Bank diesen Song für eine große Werbekampagne ausgewählt hat. Kaum ein Song auf diesem kleinen handgemachten Meisterwerk, der nicht einen ganz eigenen Reiz hat, einen unverwechselbaren atmosphärischen Zauber auslöst. „Old Friends“ klingt wie eine Jazzballade aus einer anderen Galaxie; „Music“, eine Grundsatzerklärung zur Faszination derselben, verblüfft mit einer eher wohl unbewussten Referenz an das Gitarrenspiel von Fleetwood Mac. Und mit „Imi Si Mik“ kann man sogar auf dem Dancefloor reüssieren. Vom Delta-Blues-Hybrid „Set Me Free“ über den Tribal-Chant „Kiss And Thrills“ bis hin zum Swing von „Fascination“ – auf dem Album von Hindi Zhara kann jeder seine eigenen Entdeckungen machen, sich ganz dem Sog hingeben, wenn Songs nahezu unmerklich vom Blues zum Soul übergleiten oder sich ein Gefühl wohltuender Gravität ausbreitet.
Hindi Zahra ist mit „Hand Made“ die perfekte Verschmelzung unterschiedlichster musikalischer Welten gelungen. Aus künstlerischer Leichtigkeit und Gedankenschwere beschwört diese faszinierende Esperanto-Chanteuse ein so noch nie gehörtes World-Music-Eldorado. Ein wahres Goldstück aus der Wüste Nordafrikas.